30 Jahre bewegt, berührt und erzürnt das Kultur- und Politzentrum Reitschule – ein Feature über die berühmteste Schule der Stadt Bern:
Am 24. Oktober 1987 versammelten sich ein paar Hundert Menschen auf der Grossen Schanze in Bern. Einmal mehr war eine sogenannte Strafbar angesagt: eine illegale Bar wurde für eine Nacht eröffnet, dafür wurde ein Haus besetzt und es gab – wie es damals hiess – eine „Mega-Fuer“, ein Riesenfest.
Das besondere an dieser Strafbar war, die BesetzerInnen wollten nicht nur für eine Nacht ein Fest feiern und dann wieder verschwinden, sondern sie wollten bleiben. Das Objekt der Begierde hiess Reitschule – oder Reithalle:
Nach zahlreichen Demonstrationen – vor allem auch wegen der polizeilichen Räumung der alternativen Siedlung Zaffaraya – lenkte der Gemeinderat der Stadt Bern ein. Die Reitschule wurde ab Ende 1987 geduldet und erhielt einen ersten Vertrag mit der Stadt.
Die Reitschule organisiert sich seither selber. Es wird basisdemokratisch entschieden: An Vollversammlungen wird jedes wichtige Thema diskutiert, bis ein Konsens gefunden werden kann. Viele AktivistInnen der ersten Stunde bezeichnen ihre Zeit in der Reitschule als eine wichtige Schule fürs Leben. Viele kleine Unternehmungen entsprangen der Reitschule. Bis heute prägt die Reitschule viele Menschen in der Stadt Bern. Die Reitschule ist nicht nur ein Kultur- und Politzentrum, sondern ein wichtiger Treffpunkt für Menschen mit Ideen und Träumen.
Juristisch ist die Reitschule schon seit 1987 nicht mehr besetzt. Seit 2004 hat die Reitschule einen Leistungsvertrag mit der Stadt. Fünfmal hat die Stimmbevölkerung an der Urne JA gesagt zur Reitschule. In der links-grünen Stadt Bern ist die Reitschule – trotz vereinzelten gewalttätigen Vorkommnissen – fest verankert. Trotzdem versuchen rechte politische Kräfte alle paar Jahre, die Reitschule zu schliessen oder zu torpedieren: am 4. März 2018 wird wegen einen Referendum von Rechtsaussen einmal mehr über ein Baukredit abgestimmt.
Eine historisch wertvolle Dokumentation zu den bewegten Achtzigerjahren in Bern schuf der Filmemacher Andreas Berger mit dem Film Berner Beben: