Das Schlimmste, was in einem Chaschperlitheater normalerweise passiert, ist dass der freche Kerl mit der roten Zipfelmütze jemandem einen harmlosen Streich spielt. Nicht so im Splätterlitheater. Hier kokst der Chaschperli vor dem Auftritt hinter dem Vohang, gerät dann ziemlich schnell in eine Lawine und wird als Sexspielzeug missbraucht, andere Puppen begehen Selbstmord, werden geschändet oder umgebracht. Das neue Stück «Metzgete in Anusblietschwil» des Splätterlitheaters polarisiert: «Fantastisch» finden die einen, «primitiv und pubertär» die anderen.
Es ist die achte abendfüllende Produktion des Ensembles (Nina Steinemann, Patric Gehrig, Jürg Plüss, mit dabei auf der Bühne auch Musiker Nico Feer), wobei sich dieses zum ersten Mal einen Klassiker aus der Weltliteratur vorgeknöpt hat: «Titus Andronicus» von William Shakespeare. Die Geschehnisse wurde aus dem alten Rom in die Innerschweiz verlegt, ansonsten geht es aber in der Splätterli-Adaption nicht weniger brutal und blutig zu und her als in der literarischen Vorgabe mit ihren 14 Toten.
Georges Göppel will in Anusblietschwil das «Grand Hotel Göppel» dafür braucht er aber das Bauernland von Titus Andermatten. Der will es aber nur hergeben im Tausch gegen dieHand seiner Tochter Lawinia. Georges ist alles andere als begeistert von diesem Kuhhandel. Als Georges vor versammelter Gemeinde den Hochzeits-Deal platzen lässt, rächt sich Titus. Was folgt ist ein Schlagabtauschaus Lüge, Schändung und Kannibalismus.
Für seine Ode an den pubertären Humor, an Gewalt und Sex bedient sich das Splätterlitheater allerlei verschiedener Darstellungsmittel. So werden Szenen mit selber gebastelten Handfiguren nach klassischer Puppentheatertradition gespielt, manchmal verkörpern die Schauspieler selber ihre Figuren, dann wird mittels Kamera ein Miniatur-Bühnenbild gross projiziert, Gemüsegurken oder Playmobil-Figuren kommen zum Einsatz, wozu Musiker Nico Feer mit seiner Gitarre den passenden Soundtrack liefert. Die Vielfalt an Mitteln und Ausdrucksformen macht «Metzgete in Anusblietschwil» zu einem durchaus sehenswerten Stück Puppentheater – wenn auch nur für Hartgesottene.
Das Splätterlitheater zeigt «Metzgete in Anusblietschwil» von Donnerstag 2. bis und mit Sonntag 5. November im Schlachthaus Theater.