Warum schauen G20 der Pharmaindustrie nicht auf die Finger, wenn es um Antibiotikarestistenz geht? Wie lebt es sich mit Tinnitus? Und warum ist Linksextremismus in Deutschland plötzlich wieder in aller Munde? Den Podcast gibts hier ab 12 Uhr.
Antibiotikaresistenz
Als „schleichende Katastrophe“ bezeichnet der deutsche Gesundheitsminister die weltweit zunehmende Resistenz gegen Antibiotika. Immer öfters enden einfachste Entzündungen tödlich, weil keine Antibiotika mehr wirkt. Diese tödliche Gefahr beschäftigt aktuell auch die G20, die Staats- und Regierungschefs der 20 grössten Industrie- und Schwellenländer, die sich notabene kaum je mit Gesundheitspolitik befassen. Die G20 haben sich verpflichtet, den Kampf gegen Antibiotikaresistenzen voranzutreiben. Anfangs diese Woche folgte in Berlin nun der erste konkrete Akt: Über 56 Millionen Euro wurden gesprochen, für die Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika. Schön und gut, aber: Ein wichtiger Faktor für die zunehmende Antibiotikaresistenz wird auch hier wieder standhaft ignoriert: Die Rolle der Pharmaindustrie. Auch sie ist mitverantwortlich, dass ihre eigenen Medikamente versagen. Das zeigte die Reportage „Der unsichtbare Feind – Tödliche Supererreger aus Pharmafabriken“ – eine Gemeinschaftsproduktion von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung. In den Gewässern rund um die Fabriken haben sie Proben gesammelt und nicht nur Unmengen von Antibiotika, sondern auch Unmengen von multiresistenten Bakterien gefunden. „Viel schlimmer als die schlimmsten Erwartungen“, so das Fazit des Infektionsmediziners Christoph Lübbert im Mai 2017. Trotzdem sucht man weiterhin vergebens nach politischen Vorstössen, um die Pharmaindustrie stärker in die Pflicht zu nehmen. Auch in der nationalen Strategie Antibiotikaresistenzen Schweiz sucht man vergebens. Deshalb fordern die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz nun strengere Bestimmungen bei der Zulassung von Antibiotika.
Leben mit Tinnitus
Musik ist etwas Wunderbares – ist man ihr allerdings ständig in grosser Lautstärke ausgeliefert, dann kann Musik auch zu Hörschäden führen. Geschätzte 5-10% der Bevölkerung leiden unter Tinnitus, also einem ständigen Störgeräusch auf den Ohren. Dabei sind insbesondere auch Orchester-Musikanten anfällig, wie eine Untersuchung der SUVA zeigt. Diese hat vor einigen Jahren nämlich die Musiker und Musikerinnen des Züricher Kammerorchesters untersucht und festgestellt, dass viele schwerhörig waren.
Simon Petermann ist Posaunist in verschiedenen Formationen, so zum Beispiel bei Fischermanns Orchestra oder Inside The Baxter Building, und leidet nicht nur unter Tinnitus, sondern hat vor fünf Jahren auch einen Hörsturz erlitten. Auslöser dafür sei allerdings nicht laute Musik gewesen, sondern Stress, sagt Petermann. Auch Dr. Peter Schönenberger, der in Belp eine Beratungsstelle für Musikermedizin führt, verweist auf den Zusammenhang von Stress und Tinnitus. Eine Heilung gegen den Pfeifton gebe es nicht wirklich, was man aber tun könne, sei das Hirn dahingehend zu trainieren, dass es den Störton nicht mehr registriere, sagt Dr. Schönenberger. In krassen Fällen könne ein Tinnitus (z.B. in Kombination mit Hörminderung oder Tonhöhenverzerrung) dazu führen, dass ein Musiker seinen Beruf nicht mehr ausüben könne. So habe er mit einem Sänger zu tun gehabt, der die Tonhöhen nicht mehr korrekt wahrgenommen habe, was für die musikalische Karriere natürlich den Todesstoss bedeutet.
Simon Petermann hat gelernt, mit seinem Tinnitus zu leben. Dieser sei mittlerweile zu einer Art Warnfunktion geworden, sagt Petermann. Wenn der Tinntus lauter werde, dann wisse er, dass er einen Gang runterschalten müsse. Beim Musizieren trage er zudem immer einen adäquaten Hörschutz. Das führe zwar dazu, dass er seine Mitmusiker nicht mehr so gut höre, dafür sei der Adrenalin-Ausstoss aber kleiner, wenn sich direkt hinter ihm die Trompter ordentlich ins Zeug legen würden.
Das Dossier „Gehörschutz für Musiker und Musikerinnen“ von action swiss music enthält detaillierte Informationen über das Gehör, Tinnitus, Gehörsturz, Prävention und Therapie, sowie zu möglichen Massnahmen im Bandraum und unterschiedlichen Arten von Hörschützen.
Weiterführende Informationen gibt es bei der Schweizerischen Tinnitus-Liga oder bei der Schweizerischen Gesellschaft für Musik-Medizin.
Radioblog: Linksextremismus in aller deutscher Munde
Seit den Vorbereitungen zum G20-Gipfel in Hamburg ist der Linksextremismus in Deutschland wieder in aller Munde. Nein, es geht dabei nicht um Terroranschläge oder Entführungen wie zu Zeiten von RAF und Co. Es geht um Menschen, die Steine schmeissen und auch mal einen Molotow-Cocktail anzünden. Es geht um Leute, die autonome Kulturzentren besuchen oder Artikel schreiben.
Folgt man den deutschen Medienberichten der letzten Wochen könnte man meinen, es braue sich da eine Gefahr zusammen, die den deutschen Staat in seinen Grundfesten zu erschüttern drohe. Überall Linksextremismus, soweit das Auge reicht. Oder gilt es eher die schwarzrote Brille abzunehmen?