Autoritäre Regierungen in Europa befinden sich nach wie vor im Aufwind. Gestern wurde der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Amt bestätigt. In Ungarn festigt Viktor Orbán mit den sogenannten Stop-Soros-Gesetzen seine Macht. Im RaBe-Info interviewen wir einen Wahlbeobachter in der Türkei und sprechen mit verschiedenen Ungarn-Kennern:
Erdogans Wiederwahl in der Türkei
52 Prozent der türkischen Stimmberechtigten haben Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Amt bestätigt. Die zwei wichtigsten Gegner des Präsidenten konnten einen Achtungserfolg verbuchen: Ince von der sozialdemokratischen CHP und Demirtaş von der HDP, der im Moment im Gefängnis sitzt, kamen zusammen fast auf 40 Prozent der Stimmen.
Ebenfalls gewählt wurde ein neues Parlament. Die Regierungspartei von Erdogan, die AKP verpasste die absolute Mehrheit und muss weiterhin auf die Unterstützung der rechtsextremen, ultranationalistischen MHP zählen. Die beiden wichtigsten Oppositionsparteien, die CHP und die HDP, bleiben im Parlament mit ungefähr einem Drittel der Stimmen. Hinzu kommen zahlreiche Kleinparteien, die dank Listenverbindungen ebenfalls die 10%-Hürde bei den Parlamentswahlen knacken konnten.
Die Enttäuschung der Opposition sei gross, dass es nicht geklappt hat, Erdoğan zu verhindern, sagt der Wahlbeobachter und Berner Grossrat Hasim Sancar gegenüber RaBe. Trotzdem müsse sich etwas ändern: die Wirtschaftskrise und die Spaltung des Landes muss bekämpft werden. Recep Tayyip Erdoğan könne definitiv nicht weiterfahren wie bisher, sagt Sancar. Das heisst, eine Fortsetzung des autoritären Kurses führe weiter in den Abgrund.
Die Stop-Soros-Gesetze in Ungarn
Von der Demokratie Richtung Diktatur, diesen Weg beschreitet Ungarn. Die rechtspopulistische Fidesz-Partei von Viktor Orbán verfügt zusammen mit ihren Koalitionspartnern über eine Zweidrittelsmehrheit im Parlament. Somit kann sie Gesetze nach Belieben ändern. Zuletzt ist dies vergangene Woche passiert, als das sogenannte „Stop-Soros-Gesetzespaket“ durchgewunken wurde. Gleichzeitig hat das Parlament der Verfassung einen Passus hinzugefügt, welcher verlangt, dass die „christliche Tradition Ungarns“ geschützt werden müsse. Diese neuen drakonischen Gesetze haben weitreichende Folgen: Die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen wird kriminalisiert, Obdachlosigkeit unter Strafe gestellt, die Demonstrations- und Meinungsfreiheit beschnitten. Desweiteren soll den bisher unabhängigen Gerichten ein neues Verwaltungsgericht übergeordnet werden.
Amnesty International Ungarn hat einen Bericht zu den Details der neuen Gesetze veröffentlicht.
Wir bedanken uns bei Gina Böni für die Unterstützung bei der Realisierung des Beitrages zu Ungarn.