Vor 200 Jahren schrieb Mary Shelly die Geschichte über Frankensteins Monster – Nun schlägt eine Ausstellung in Zürich eine Brücke von Frankenstein zum digitalen Zeitalter. Und wir diskutieren mit dem Kollektiv Urban-React den Einfluss der Leistungsgesellschaft auf die Architektur und darüber, wie ein alternatives Zusammenleben geplant und gestaltet werden könnte:
urban★react – Architektur anders
Unsere Gesellschaft sei geprägt von der Architektur, welche wir bewohnen und in welcher wir uns bewegen. Diese wiederum sei bestimmt durch neoliberales, leistungsorientiertes Denken. Das sagt die Gruppe urban★react, welche zurzeit in der Grossen Halle der Reitschule zu Gast ist.
urban★react besteht aus Menschen aus ganz Europa und versucht unter ganz unterschiedlichen Umständen, Architektur neu zu denken und das Zusammenleben der Bewohner*innen neu zu organisieren. Dabei sei es laut Eve Olney, Kulturwissenschaftlerin aus Cork, Irland, äusserst wichtig, dass alle Beteiligten im Findungsprozess mit einbezogen werden. Durch kollektives Planen sollen Menschen lernen, sich selbst als politische Subjekte zu verstehen, welche gar keine Organisation von oben benötigen.
Die Solidariätswoche Urban★React findet noch heute Freitag und morgen Samstag 3. November in der Grossen Halle [http://www.grossehalle.ch/reitschule/grossehalle/] der Reitschule statt. Heute Freitag findet zudem eine Diskussionsrunde statt mit möglichen Visionen für das Areal Schützenmatte/Vorplatz. Morgen Samstag stellen sich verschiedene Gemeinschaftsprojekte vor.
Das ausführliche Interview mit Eve Olney (auf Englisch):
200 Jahre Frankenstein
Was hat Frankenstein mit dem Silicon Valley zu tun? Eine ganze Menge. Das zeigt die aktuelle Ausstellung Frankenstein – von Mary Shelley zum Silicon Valley im Strauhof in Zürich. Diese schlägt eine Brücke von Shelleys Horrorklassiker zum digitalen Zeitalter.
Die Geschichte rund um den jungen Wissenschaftler Doktor Henry Frankenstein und dessen namenloses Monster feiert dieses Jahr den 200. Geburtstag. «Frankenstein or The Modern Prometheus», so der Originaltitel der Erzählung, entstand in Genf, wo die britische Schriftstellerin Mary Shelley Regentage zu überbrücken hatte. In ihrem Text, der die Geschichte des Schweizer Wissenschaftler Viktor Frankenstein erzählt, der Gott spielt und ein Monster kreiert, verband Shelley neuste wissenschaftliche Forschung mit Elementer der Geister-Novel und half so mit, das Genre des Science-Ficion mitzubegründen.
Frankensteins Kreatur ist aber nicht einfach nur Monster, sondern entwickelt eine eigenständige Persönlichkeit und Gefühle. Es sucht Freundschaft und Verständnis, doch schlägt ihm von Seiten der Menschen bloss Feindseligkeit entgegen, weswegen es zum Mörder wird.
Was 1818 ein junger Wissenschaftler war, der Gott spielte und dabei ein Monster kreierte, sind heute Programmierer, welche künstliche Intelligenzen erschaffen – so die aufgezeigte Parallele in der Ausstellung im Straunhof. Anhand von Texten, Zitaten, Interviews mit Expert*innen, Filmsequenzen und Exponaten ergründet «Frankenstein – von Mary Shelley zum Silicon Valley» die Fragen, welche sich Shelley schon vor 200 Jahren gestellt hat. Wie begegnen wir künstlichen Wesen, die quasi menschlich erscheinen? Welchen Status haben solche Schöpfungen? Wer übernimmt die Verantwortung für neu geschaffene Existenzen? Und sind uns diese Existenzen gleichgestellt, oder werden sie zu unkontrollierbaren Monstern? Im Zeitalter von Chatbots, selbstfahrenden Autos, die tödliche Unfälle verursachen, künstlichen Intelligenzen und Hausrobotern sind diese Fragestellungen akutelle denn je.
„Frankenstein – von Mary Shelley zum Silicon Valley“ Straunhof Zürich, bis 13. Januar 2019