Heute im Info diskutieren wir die Frage, ob sich rechtsextreme Parteien – wie die AfD – disziplinieren lassen, in dem man ihnen in den Parlamenten Verantwortung übergibt. Ausserdem werfen wir den Blick auf die Abstimmungen vom 25. November 2018, bei denen die Rechte die grosse Verliererin war:
Was tun mit rechtsextremen Parteien?
In Deutschland ist mittlerweile die Alternative für Deutschland AfD in allen Bundesländern im Parlament vertreten, seit einem Jahr sitzt die Partei zudem im Bundestag. Es gab Linke und Kritische, die davon ausgingen, die AfD würde sich schon zähmen lassen, wenn sie einmal in den Parlamenten sitze und Verantwortung übernehmen müsse. Diese Vermutung scheint sich jedoch nicht zu bewahrheiten, der Ton im Bundestag hat sich verschärft und Anliegen der AfD erhalten immer mehr Einfluss in der deutschen Politik.
Die AfD sei eine Partei von privilegierten Menschen, welche Politik mache für privilegierte Menschen, sich jedoch als Unterstützerin des kleinen Mannes ausgibt. So fordert sie in ihrem Parteiprogramm eine Obergrenze für Steuerabgaben und die Aufhebung der Erbschafts- und der Vermögenssteuer.
Der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge der Universität Köln sagt im Interview, um den Aufstieg der AfD zu bremsen, müsse den Wähler*innen genau dieser Widerspruch aufgezeigt werden.
Abstimmungen vom 25. November
In den Abstimmungen vom vergangenen Wochenende wurden auf nationaler Ebene zwei Vorlagen abgelehnt: Einerseits schickten 66% der Stimmbevölkerung die Selbstbestimmungsinitiative der SVP bachab, andererseits erlitt die Hornkuhinitiative mit 54% Nein-Stimmen an der Urne Schiffbruch. Deutlich angenommen mit 64% Ja-Stimmen wurde hingegen das neue Versicherungsgesetz, welches zukünftig den Einsatz von Sozialdetektiv*innen ermöglicht.
Im Kanton Bern wurde das revidierte Steuergesetz abgelehnt. Damit gibt es keine Steuersenkungen für Unternehmen mit hohen Gewinnen. Gegen das Steuergesetz hatten die Linken das Referendum ergriffen. Angenommen wurde hingegen der Kredit für die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden.
Keine grosse Überraschung gab es in der Stadt Bern: Sämtliche vier Vorlagen wurden vom Stimmvolk durchgewunken. Die beiden Teilrevisionen der Bauordnung sowie die neue Schulinformatik base4kids wurden deutlich angenommen, ebenso wurde das Budget wurde mit fast drei Viertel Ja ziemlich deutlich angenommen. Dort erhofften sich die bürgerlichen Parteien eine Klatsche zur Strategie der Stadt – statt auf Steuersenkungen zu setzen, den Verwaltungsapparat auszubauen. Sie gaben deshalb die Nein-Parole raus. Ohne Erfolg. Die Stadtbernerinnen und Berner vertrauen der Strategie der rot-grünen Mehrheit.
Kommentar von Inforedaktor Michael Spahr zur Abstimmung über die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative
Selbstbestimmt ist das sogenannte Schweizer Volk. Das hat es dieses Abstimmungswochenende gezeigt. Es lässt sich nicht von einer Multimillionen-Kampagne ködern und hat die Absicht der SVP erkannt, die Möglichkeiten für einfache Bürger und Bürgerinnen zu zerstören, sich gegen Unrecht zu wehren, und die Verachtung der universellen Menschenrechte in die Verfassung zu schreiben.
Ein BBC-Dokumentarfilm mit dem rechtsextremen ehemaligen Trump-Einflüsterer Stephen Bannon stellte kürzlich folgende These auf: Die Schweiz – namentlich Christoph Blocher – habe den modernen Rechtspopulismus erfunden. Über diese These lässt sich streiten. Unbestritten ist, dieser Rechtspopulismus, der in der Schweiz einst so erfolgreich funktionierte, befindet sich auf der Verlierer*innenstrecke. Seit dem knappen Zufallsgewinn der Abschottungsinitiative vor fast fünf Jahren hat die rechtspopulistische Schweizer Volkspartei keine einzige nationale Abstimmung mehr gewonnen. Es scheint, das von ihr verherrlichte sogenannte Volk habe erkannt, dass es sich eher schaden würde, würde es den Parolen dieser Volkspartei folgen.
Die Abstimmung von gestern über die sogenannte Selbstbestimmungsinitiative der SVP, die eigentlich eine Menschenrechtsverachtungsinitiative war, könnte ein historischer Moment sein. Ein Moment, bei dem die Schweiz einmal mehr eine Vorreiter*innenrolle einnehmen könnte: Dem Rechtspopulismus endlich den Kampf anzusagen, die rechtsextremen Demagogen und Demagoginnen in den Parlamenten abzuwählen und die Aufmerksamkeitsbewirtschaftung von Rechtsaussen massenhaft zu ignorieren. Jemand hat mal gesagt, der Erfolg von Rechtspopulisten wie Trump, Blocher oder Orban sei ein letztes Aufbäumen der alten weissen Patriarchen – bald sei damit Schluss. Jetzt wäre der richtige Moment, diese Beerdigung des Rechtspopulismus einzuläuten.