Die Sozialhilfe gerät in der bürgerlich-rechts dominierten Schweiz zunehmend unter Druck. Eine neue Studie der SKOS zeigt: Eigentlich müsste die Sozialhilfe ausgebaut werden, um von Armut betroffenen Menschen ein würdiges Leben zu garantieren. Im Schwerpunkt des RaBe-Infos beleuchten wir das Thema:
Weniger Sozialhilfe ist zu wenig
In einer neuen Studie zeigt die SKOS, die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe, dass im Moment von Armut betroffene Menschen zu wenig Sozialhilfe erhalten. Die SKOS liess den Grundbedarf der Sozialhilfe nachrechnen. Statt bei 986.- Franken sollte der Mindestbetrag bei 1’082.- Franken pro Monat liegen, denn beim aktuellen Betrag wird zu wenig eingerechnet für die Benützung des öffentlichen Verkehrs und auch andere Faktoren stimmen nicht mehr. Der Trend in der Schweiz geht jedoch in die andere Richtung. Mehrere bürgerlich-rechts dominierte Kantone wollen die Sozialhilfe unter den empfohlenen Betrag der SKOS kürzen. Der Kanton Bern zum Beispiel erwägt Kürzungen von bis zu 30 Prozent, ohne dafür eine Begründung mit Fakten zu liefern. «Für eine vierköpfige Familie bedeutet das, dass nur 5 Franken pro Tag pro Person für Nahrungsmittel bleiben», sagt Felix Wolffers, Co-Präsident der SKOS, gegenüber RaBe. «Das würde bedeuten, dass die Betroffenen sich zwangsläufig ungesund ernähren müssten und ihr Sozialleben leiden würde. Das ist verantwortungslos.» Darum engagiert sich die SKOS gegen den Abbautrend in der Schweiz:
Betroffen von Kürzungen der Sozialhilfe sind einerseits Kinder. Andererseits wächst die Zahl von älteren Menschen, die auf Sozialhilfe angewiesen sind. Viele Menschen haben ein Leben lang gearbeitet und werden plötzlich – noch vor der Pensionierung – arbeitslos. Das sind unter anderem Folgen der Globalisierung und Digitalisierung, aber auch der sogenannten Flexibilisierung des Arbeitsmarkts. Wenn diese Menschen ausgesteuert sind, müssen sie Sozialhilfe beantragen. «Es gibt Menschen, die im Alter von 60 Jahren von den Gemeinden aus ihren Wohnungen gedrängt werden, weil die Mieten wegen den tiefen Sozialhilfe-Standards zu hoch sind», sagt Heidi Joos, Geschäftsführerin von Avenir 50 Plus, gegenüber RaBe. Sie und ihre Organisation kämpfen gegen Diskriminierung im Alter. Eine Lösung wäre, dass ältere Menschen bei der Arbeitslosenkasse bleiben dürfen, statt ausgesteuert und in die Sozialhilfe gedrängt werden. Im Moment wollen Bundesrat und das zuständige SECO aber nichts von dieser Idee wissen: