In der heutigen Info-Sendung richten wir unseren Blick nach Burkina Faso. Ein Bericht von Solidar Suisse zeigt, dass im westafrikanischen Land jedes fünfte Kind auf Baumwollfeldern arbeitet. Ausserdem mangelt es in den Flüchtlingslagern, in welchen von Gewaltausbrüchen vertriebene Menschen Unterschlupf finden, so ziemlich an allem. Und: Der Dokumentarfilm «Welcome to Refugeestan» beleuchtet den Alltag in grossen Flüchtlingscamps und die nicht unbestrittene humanitäre Arbeit des UNHCR. Das und mehr gibts im Info-Podcast zu hören
Gewaltausbruch in Burkina Faso
Abseits der Weltöffentlichkeit kam es in den letzten Wochen in Burkina Faso zu einem Gewaltausbruch. Die Lage ist unübersichtlich, die Fronten unklar: Neben jihadistischen Kämpfern gibt es offenbar auch andere bewaffnete Gruppen, welche Zivilist*innen angreifen. Dutzende Menschen kamen schon ums Leben, Tausende flohen aus ihren Dörfern, wobei sie sämtliches Hab und Gut zurücklassen mussten.
Die lokale Regierung hat innerhalb kürzester Zeit Camps eingerichtet, in denen sie Geflüchteten mit dem Nötigsten versorgt. Diese Hilfe reiche aber bei weitem nicht aus, wie Medcins sans frontières MSF berichtet. Die Menschen würden in den Camps sehr eng aufeinander leben und die Gefahr für Epidemien sei gross. Auch hätten viele von ihnen Schreckliches erlebt, weswegen es vor Ort neben medizinischer Hilfe auch dringend psychologische Unterstützung brauche.
Kinderarbeit in Baumwollfeldern
Vor einigen Tagen hat die entwicklungspolitische Organisation Solidar Suisse einen Bericht über Kinderarbeit in der Baumwollproduktion von Burkina Faso veröffentlicht. Der westafrikanische Staat ist weltweit der zehntgrösste Baumwollproduzent, rund vier Millionen Menschen leben hier direkt oder indirekt vom Anbau des begehrten Rohstoffs. Der Bericht zeigt auf, dass in Burkina Faso jedes fünfte Kind zwischen 5 und 17 Jahren auf Baumwollfeldern arbeitet. Beim Pflügen, Säen, Jäten, Düngen und Ernten sind die Kinder und Jugendlichen Gefahren wie Skorpionen und Schlangen ausgesetzt, ausserdem schaden die harte Arbeit und der Umgang mit Chemikalien ihrer Gesundheit. Sehr oft kommt auch die Schulbildung zu kurz: Viele Kinder gehen nur unregelmässig zur Schule oder erhalten gar keinen Zugang zu Bildung.
Für ihre Arbeit auf den Baumwollfeldern erhalten die Kinder einen sehr tiefen oder gar keinen Lohn. Es sind andere, welche von dieser Arbeit profitieren: Zwei der weltweit grössten Baumwollkonzerne, die zu den wichtigsten Käufern von Baumwolle aus Burkina Faso gehören, sind Schweizer Firmen – einerseits die Louis Dreyfus SA mit Sitz in Genf und andererseits die Burkhart AG in Winterthur.
Solidar Suisse hat nun eine Petition lanciert, in welcher sie diese Baumwollunternehmen dazu auffordert, sich sofort für die Abschaffung der prekären Kinderarbeit in ihrer Lieferkette einzusetzen. Des Weiteren unterstützt die Organisation die Konzernverantwortungsinitiative, über welche wir voraussichtlich 2020 abstimmen werden. Die Initiative verlangt, dass Konzerne mit Sitz in der Schweiz bei ihren Geschäften sicherstellen sollen, dass Menschenrechte respektiert und Umweltstandards eingehalten. Kommt es zu Menschrechtsverletzungen und Missachtung von internationalen Umweltstandards sollen die Konzerne haftbar gemacht werden können.
Welcome To Refugeestan – Der Dokufilm über Flüchtlingslager
Rund 17 Millionen Menschen leben zurzeit in verschiedenen Flüchtlinglagern – zusammengezogen ergäbe sich daraus ein Staat etwa so gross wie die Niederlande. Die grossen Camps, welche jahrzehntelang bestehen bleiben, werden vom Hochkommissariat der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und von NGOs betrieben. Was mit besten Absichten ins Leben gerufen wurde, ist in der Realität manchmal nicht ganz einfach zu managen, und so stehen humanitäre Arbeit und und Flüchtlingslager immer auch wieder in der Kritik.
Das Kino in der Reitschule widmet diesem Spannungsfeld einen Filmzyklus. Gezeigt werden Filme, welche sich alle in irgendeiner Form mit humanitärer Arbeit beschäftigten. Zu sehen gibt’s Dokumentarfilme, Spielfilme, Kurzfilme und alte Propaganda-Filme. Den Auftakt macht am Freitag 8. Februar der Dokumentarfilm «Welcome to Refugeestan» von Anne Poiret. In ihrem Film beleuchtet die Französin die Welt von Flüchtlingslagern und besucht dafür Camps in Tanzania, Kenya, Jordanien und in Idomeni an der griechisch-mazedonsichen Grenze. Dabei wird deutliche: was im UNHCR-Hauptsitz in Genf auf Post-It-Zetteln entworfen wird, will unter der gleissenden Sonne Afrikas oft nicht so recht funktionieren. Zudem: Die Hilfsorganisationen arbeiten zwar mit Menschen aus der Region zusammen und bilden diese zu humanitären Arbeiter*innen aus, Kontrolle und Gesamtorganisation teilen sie aber nicht mit diesen. Für die Leute in den Camps geht die post-koloniale Herrschaft also weiter, denn wer das Sagen hat, das sind immer noch die Weissen. Bestehende Strukturen würden nicht hinterfragt, weil man beteiligte Organisationen und Geldgeber nicht vor den Kopf stossen wolle, sagt Professor Alexander Betts, Direktor des Refugee Studies Centre an der Universität Oxford. Dabei sollte die Top-Down-Logik, welche das totalitäre Regieren einer Hilfsorganisation in einem Flüchtlingslager mit sich bringe, dringend hinterfragt und neu gedacht werden, sagt Betts.
«Welcome to Refugeestan» zeigt die Zwiespältigkeit der Arbeit von NGOs und der UNHCR. Auch wenn unbestrittenermassen wichtige humanitäre Arbeit geleistet wird, so muten diese Unternehmen doch auch wie gut geölte Maschinen an, deren erstes Ziel es zu sein scheint, sich selber am Laufen zu halten.
Februar-Filmzyklus «Humanitäre Arbeit in Bildern», Kino in der Reitschule (Filmbeginn jeweils 20 Uhr): Fr. 08. Welcome to Refugeestan, Sa. 09. A Perfect Day, Fr. 15. Les chevaliers blancs, Sa. 16. Humanitarian action and cinema: ICRC films in the 1920s, Fr. 22. Bastion der Menschlichkeit, Sa. 23. Kurzfilme