Schon vor 150 Jahren klagten Menschen über den rasanten Wandel der Gesellschaft und der Technologie. Das wachsende Eisenbahnnetz, die verbesserten Transportwege zwischen den Kontinenten und die Erfindung der Telegrafie führten dazu, dass sich Menschen auf der ganzen Welt einfacher miteinander vernetzen konnten. Zahlreiche Historiker*innen sprechen heute von einer ersten Globalisierung, wenn sie über die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts schreiben.
Betroffen von dieser Globalisierung war auch die Uhrenindustrie im Schweizer Jura. Einerseits wuchs der Handel mit Uhren. Andererseits begannen sich politisch engagierte Uhrenarbeiter – es waren praktisch nur Männer – weltweit zu vernetzen. Als sich die Internationale der Arbeiter*innenbewegung in einen marxistisch-kommunistischen Flügel und in einen von Michail Bakunin beeinflussten anarchistischen Flügel spalteten, fand 1872 der erste Kongress der antiautoritären Internationalen in der Uhrenindustriestadt St. Imier statt. Alles, was in der anarchistischen Bewegung Rang und Namen hatte, reiste damals in den Berner Jura.
Die anarchistische Bewegung war bis zur russischen Revolution 1917 die stärkste Strömung der Arbeiter*innenbewegung. Sie unterschied sich von der sozialdemokratischen Strömung dadurch, dass sie nicht für eine demokratische Veränderung mit Wahlen glaubte, sondern an eine Revolution. Auch der marxistisch geprägte Kommunismus wollte die Revolution, war aber im Unterschied zur anarchistischen Bewegung zentralistisch und eher von Oben organisiert. Die Anarchist*innen hingegen waren föderalistisch und für eine Organisation von Unten.
Der Historiker Florian Eitel hat über die sogenannte Jura-Föderation der anarchistischen Bewegung in der Schweiz das Buch «Anarchistische Uhrmacher in der Schweiz» geschrieben – es kann als PDF komplett heruntergeladen werden. Im Gespräch mit RaBe erzählt er die Geschichte des Aufstiegs und Niedergangs der anarchistischen Bewegung im Jura:
Am 8. März 2019, um 18 Uhr, stellt Florian Eitel sein Buch im Schweizerischen Sozialarchiv in Zürich vor.