Sind illegale Videoaufnahmen zulässiges Beweismaterial in einem Gerichtsprozess? Soll ein Pfarrer, welcher einen abgewiesenen Asylsuchenden in Not beherbergt, wegen Schleppertätigkeit verurteil werden? Und braucht es Insektizide in Schweizer Wäldern? Diese und andere Fragen verhandeln wir in der heutige Infosendung – den Podcast dazu gibts hier:
Illegale Videoaufnahmen als Beweismaterial
Ein Urteil des Regionalgerichts Bern-Mittelland schlug letzten September hohe Wellen: Ein 48-jähriger Mann wurde wegen Landfriedensbruch verurteilt, weil er an einer unbewilligten Demonstration gegen die Schweizer Flüchtlingspolitik im Jahr 2015 teilgenommen hatte. Nicht die Verurteilung an und für sich sorgte für rote Köpfe, sondern die Tatsache, dass zur Verurteilung Videomaterial als Beweismaterial verwendet wurde, welches eigentlich illegal ist. Die Kameras vor dem Hotel Schweizerhof zeichnen nicht nur das auf, was direkt vor den Türen des Hotels passiert, sondern auch einen Teil des Geschehens auf dem Berner Bahnhofplatz. Diese Aufnahmen wurden im Prozess verwendet, obwohl es sie eigentlich gar nicht geben dürfte. Der Angeklagte hat das Urteil ans Obergericht weitergezogen. Wir waren bei den gestrigen Verhandlugen dabei.
Wenn Hilfe als Schleppertätigkeit ausgelegt wird
Im August 2018 wurde der Neuenburger Pfarrer Norbert Valley wegen angeblicher Schleppertätigkeit verurteilt. Valley hatte einen abgewiesenen Asylsuchenden aus dem Togo beherbergt, der sich unrechtmässig in der Schweiz aufhielt und in grosser Not war. Dafür erhielt er 1000 Franken Busse und 2 Jahre Bewährungsfrist. Er hat die Busse angefochten und muss sich deshalb morgen erstmals vor der zuständigen Neuenburger Staatsanwältin verantworten.
Seit der Gesetzesänderung des damaligen Justizministers Christoph Blocher vor 10 Jahren unterscheidet die Justiz nicht mehr zwischen Schleppertätigkeit aus finanziellen Motiven oder humanitären Gründen. Im Jahre 2017 wurden über 750 Personen verurteilt – laut Amnesty International handelten nur gerade 10 Prozent aus eigennützigen Motiven. Nobert Valley gehört zu den restlichen 90 Prozent und ist bereit, das Verfahren stellvertretend für alle anderen Gebüssten wenn nötig bis zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte weiterzuziehen.
Unterstützt wird er von zahlreichen Menschenrechtsorganisationen, unter anderem hat auch Amnesty International eine Kampagne gestartet.
700 Kilogramm Insektizide im Schweizer Wald
Die Schweizer Wälder sind nicht nur Erholungszone, sondern auch ein wertvolles wirtschaftliches Gut. Deshalb werden regelmässig hochgiftige Insektizide eingesetzt, um gefällte Baumstämme vor dem Borkenkäfer oder anderen Insekten zu schützen. Laut den Recherchen der Organisation Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz wurden im Jahr 2018 schweizweit rund 700 Kilogramm Insektizide versprüht. Unter anderem im Kanton Bern wurden letztes Jahr sogar verbotene Insektizide eingesetzt. Deshalb fordern die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz nun ein generelles Verbot des Insektizideinsatzes im Wald. Dass dies möglich sei, zeige der Kanton Glarus, der seit 5 Jahren auf jegliche Insektizide verzichte.
Isabelle Straub vom Amt für Wald des Kantons Bern erklärt den Einsatz der verbotenen Insektizide damit, dass die Bewilligungsinhaber*innen nicht gemerkt hätten, dass die verwendeten Insektizide inzwischen verboten worden seien. Grundsätzlich sei der Insektizideinsatz im Berner Wald streng geregelt und nur mit einer Spezialbewilligung des Amtes für Wald erlaubt.