Heute nehmen wir die STAF-Abstimmung aus entwicklungspolitischer Sicht unter die Lupe. Wir besuchen ein Geisterspiel im Schlachthaus. Und wir wollen wissen, wie der Landfriedensbruchprozess mit illegalen Kameraufnahmen ausgegangen ist.
«Alter Wein in neuen Schläuchen»?
Höchst komplex ist die Vorlage, über die das Schweizer Stimmvolk am 19. Mai 2019 abstimmen muss: STAF steht für Steuerreform und AHV-Finanzierung. Abgestimmt werden muss rasch, denn die Schweiz steht international unter Druck. Sie muss das Unternehmenssteuerrecht bis Ende Jahr an internationale Standards anpassen, sonst drohen Sanktionen. Beim letzten Versuch das Steuerregime anzupassen, bei der Unternehmenssteuerreform 3 (USR3), scheiterten Bundesrat und Parlament an der Urne.
Um die neue Steuerreform dem Volk etwas schmackhafter zu machen, wurde sie verknüpft mit einer zusätzlichen AHV-Finanzierung. Die Steuerreform sei jedoch «alter Wein in neuen Schläuchen» monieren kritische Stimmen. Mit diesem Vorwurf konfrontiert, verliess Finanzminister und SVP-Bundesrat Ueli Maurer wutentbrannt kürzlich ein Mediengespräch.
Dominik Gross, Finanz- und Steuerexperte bei der entwicklungspolitischen Organisation Alliance Sud, hat die STAF-Vorlage genauer untersucht und kommt ebenfalls zum Schluss: Die STAF räumt zwar mit einigen Steuerprivilegien für Grosskonzerne auf, schafft aber gleichzeitig neue Schlupflöcher. Aus entwicklungspolitischer Sicht sei das höchst problematisch, sagt er gegenüber RaBe. Es finde keine Paradigmenwechsel statt. Auch in Zukunft werden Grosskonzerne Gewinne aus armen Ländern abziehen und in die steuergünstige Schweiz verschieben, statt vor Ort wichtige Investitionen zu ermöglichen, prophezeit Gross. Dass die Vorlage die AHV stärkt, sieht er hingegen als positiv an.
Dominik Gross im RaBe-Gespräch zur Frage, ob die STAF tatsächlich «Alter Wein in neuen Schläuchen» sei:
Urteil wegen Landfriedensbruch bestätigt
Das Berner Obergericht bestätigte gestern ein Urteil des Regionalgerichts gegen einen 48-jährigen Berner wegen Landfriedensbruch. Der ehemalige Reitschulaktivist nahm vor vier Jahren an einer unbewilligten Demonstration in Bern teil, bei der es zu Sachbeschädigungen und Sprayereien kam. Wir haben gestern darüber berichtet. Obwohl sich der Mann nicht am Vandalismus beteiligte, machte er sich als Mitläufer des Landfriedensbruchs schuldig.
Viel mehr zu reden als die eigentliche Straftat gaben im Vorfeld aber die Beweismittel, die vom Regionalgericht bei der erstinstanzlichen Verurteilung herbeigezogen wurden. Konkret geht es in diesem Fall um das Video einer Überwachungskamera, welches den 48 Jährigen an der Demonstration zeigt. Laut der Anwältin des Beschuldigten wurde dieses Video illegal aufgenommen und hätte daher nicht als Beweismittel verwendet werden dürfen. Das Berner Obergericht stimmte diesem Einwand zwar zu, betonte jedoch, dass das Interesse an der eigentlichen Strafverfolgung in diesem Fall höher zu gewichten sei. Es handle sich bei Landfriedensbruch um ein schweres Delikt. Dass der Beschuldigte dabei einen sehr geringen Tatbeitrag geleistet hat, spiele keine Rolle. Die Anwältin Annina Mullis und ihr Mandant erwägen den Entscheid des Obergerichts nun ans Bundesgericht weiterzuziehen:
Der zuständige Staatsanwalt wollte das gestrige Urteil gegenüber Radio RaBe nicht kommentieren.