Das heutige RaBe-Info steht ganz im Zeichen von Protestbewegungen: heute Morgen protestierte die Extinction Rebellion für merh Schutz der Erde. Morgen in einer Woche protestieren Studentinnen am Frauen*streik gegen Sexismus und patriarchale Strukturen an den Hochschulen. Vor 50 Jahren wurde die moderne und kämpferische LGBTIQ-Bewegung geboren – am Stonewall-Aufstand in New York im Juni 1969:
Extinction Rebellion Bern Bundeshaus
Am 6.6.19 läutete vor dem Bundeshaus in Bern eine Alarmsirene. Die Umweltaktivisten und Aktivistinnen der sogenannten Extinction Rebellion protestierten draussen gegen die zögerliche Umweltpolitik drinnen im Bundeshaus. „Extinction“ steht für Aussterben, denn die Protestbewegung bekämpft das sechste Massenaussterben auf der Erde. Mit medienwirksamen Aktionen wird auf die Problematik des Klimawandels wegen der menschgemachten Erderhitzung und die massive Verringerung der Artenvielfalt aufmerksam gemacht.
Die „Extinction Rebellion“ begann ursprünglich in Britannien. Mittlerweile gibt es sie in rund 50 Ländern. Sie hat keine zentrale Organisation und sie fällt mit Blockaden von Plätzen, Strassen und Brücken auf. In Bern bewegte sich der Protestzug vom Bärenplatz zum Bundesplatz, wo verschiedene Reden gehalten wurden und wo sich die Aktivistinnen und Aktivisten schliesslich gemeinsam auf den Boden legten – symbolisch für das Massenaussterben von Tieren und Pflanzen.
Die Aktion war schon länger bekannt und wurde in Sozialen Medien angekündigt. Viele – vor allem rechte und konservative – Schweizer Parlamentsmitglieder, die im Moment in der Sommersession im Bundeshaus sitzen, befürchteten Ausschreitungen. Ein grosses Polizeiaufgebot schützte den Eingangsbereich des Parlaments. Der Protest blieb friedlich:
Frauen*streik an den Hochschulen
Schulterzucken beim Professor, wenn er gefragt wird, ob man bei der Semesterarbeit die männliche und die weibliche Form gebrauchen soll. Beispiele auf Folien, wo der Mann immer der Arzt, Anwalt, Biologe ist und die Frau seine Gehilfin, Sekretärin, Assistentin. Ein schmunzeln bei den Mitstudierenden wenn man als Studentin auf die Rollenverteilung aufmerksam macht. Szenen aus dem Alltag an der Universität Bern, die die Studentinnen Melina Meier und Evita Bölsterli empören. Deshalb sind sie Teil der Frauen*streikgruppe der Hochschulen Bern. Das Streikkollektiv engagiert sich für gelebte Gleichstellung an den Berner Hochschulen. Am 14. Juni streikt das Kollektiv auf der grossen Schanze vor dem Hauptgebäude der Universität Bern:
50 Jahre Stonewall-Aufstand
Der Stonewall-Aufstand gilt als Geburtsjahr der modernen LGBTIQ-Bewegung. Am 28. Juni 1969 kam es in Folge einer polizeilichen Razzia in der Szene-Bar Stonewall an der Christopher Street in New York zu tagelangen Unruhen und gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen LGBTIQ und den Polizeikräften. Dieser Aufstand wird bis heute jährlich mit dem Christopher Street Day gefeiert.
In den 60- und 70er Jahren galten Homo- oder Transsexualität noch als Krankheiten, waren gesellschaftlich geächtet und insbesondere die Sittenpolizei setzte allen Menschen zu, die nicht der sexuellen Norm entsprachen. In der LGBTIQ-Geschichte gilt Stonewall als Wendepunkt: Während die Bewegung zuvor insbesondere Entkriminalisierung und Toleranz gefordert hatte, kämpfte sie nach Stonewall mit einem neuen Selbstbewusstsein erhobenen Hauptes für gleichwertige Anerkennung und Gleichberechtigung.
Laut Daniel Frey von hab queer bern (ehemals: Homosexuelle Arbeitsgruppen Bern HAB) verhält es sich bei Stonewall indes wie bei vielen anderen historischen Ereignissen: Mit der Zeit verblassen die Erinnerungen und ranken die Legenden. Sprich, mit der Glorifizierung von Stonewall durch die Schwulenbewegung sei lange Zeit vergessen gegangen, dass damals 1969 nicht vor allem weisse, schwule Cis-Männer den Aufstand probten, sondern insbesondere Transmenschen und people of colour. Menschen also, die aufgrund ihrer äusserlichen Erscheinung und aufgrund ihrer sexuellen Orientierung unter Mehrfach-Diskriminierungen litten.
Für die Entstehung der hiesigen, modernen LGBTIQ-Bewegung war Stonewall von geringer Bedeutung. Ausschlaggebend war hierzulande vielmehr der im Jahre 1971 erschienene Film von Regisseur Rosa von Praunheim: Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt. Ziel des Films war bewusst nicht die Aufklärung der Gesellschaft, sondern die Mobilisierung der LGBTIQ, gegen ihre Unterdrückung aufzubegehren – nicht nur gegen die rigiden gesellschaftlichen Normen, sondern ganz im Sinne der 68er Bewegung auch gegen die Konsumgesellschaft.
In der Folge entstanden in der Schweiz diverse Organisationen, unter ihnen auch die Homosexuellen Arbeitsgruppen Bern hab. Bereits in den Anfangszeiten gehörte die Zerstörung der Schwulenkartei der Berner Polizei zu ihren zentralsten Forderungen. Doch erst mit dem berühmt-berüchtigten Fichenskandal im Jahre 1990 wurde die Kartei schliesslich definitiv gelöscht.
Der Film Stonewall Uprising: