Die 50er und 60er-Jahre waren in der Schweiz geprägt von Arbeit, wirtschaftlichem Aufschwung und Konsum. In den Garagen stand das eigene Auto und man gönnte sich Ferien an der Adria. Die fünfziger Jahre waren aber auch das Jahrzehnt, als der Rock’n’Roll die Schweiz erreichte und auch hier in Form der Halbstarken Anhänger fand. Die Halbstarken gehörten zu den ersten antibürgerlichen Rebellen der Nachkriegszeit und inszenierten sich gerne öffentlich. Dazu gehört das Tragen von «anstössiger» Kleidung, also Jeans, karierte Hemden, Stiefel und gerne auch überdimensionale Gürtelschnallen. Die Bürgerschrecke lungerten auf den Strassen herum, tranken, rauchten, hörten Elvis Presley und waren dem Spiessbürgertum selbstredend ein Dorn im Auge.
Der Zürcher Fotograf Karlheinz Weinberger (1921 – 2006) hat die Jugendbewegung der Halbstarken mit seiner Kamera dokumentiert. Er fotografiere nur, was ihm gefalle, sagte Weinberger einst. In seinem Fall bedeutete dies in erster Line Männer. In einer Zeit, als Schwulsein noch weit entfernt davon war, gesellschaftlich toleriert zu sein, war das Fotografieren von Männern für Weinberger eine Möglichkeit, mit der eigenen Homosexualität umzugehen. Seine Bilder erschienen unter anderem in der Zeitschrift Der Kreis, daneben lichtet Weinberger aber auch oft Männer beim Sport ab und eben: die Halbstarken und später auch der Rocker.
Kein anderer Schweizer Fotograf habe sich so intensiv den Subkulturen der 60er befasst, weswegen Weinberger ein wichtiger Chronisten der damaligen Zeit sei, sagt der Kurator des Kornhausforums Bernhard Giger im Interview mit RaBe. Dies sei mitunter ein Grund, weswegen er Weinbergers Bilder nach Bern geholt habe.
«Halbstark, schön und rebellisch», Kornhausforum Bern, bis 4. August 2019, Eintritt gratis
Alle Bilder: Karlheinz Weinberger, Halbstarke, frühe 1950er- und 1960er-Jahre © Karlheinz Weinberger, courtesy Esther Woerdehoff