Die Korrekturinitiative gegen Waffengeschäfte mit Bürgerkriegsländer kam rekordmässig schnell zustande und wurde heute eingereicht. «Discuss it» will die Lust auf Politik bei Jugendlichen fördern. Die «Halbstarken» waren in den Fünfziger- und Sechzigerjahren die ersten jugendlichen Rebellen in der biederen Nachkriegs-Schweiz:
Korrektur-Initiative eingereicht
Schweizer Waffenexporte strenger zu regeln, erhält offenbar viel Rückhalt bei der Schweizer Bevölkerung. Für die Korrektur-Initiative sind in nur gerade 6 Monaten über 130 000 Unterschriften zusammengekommen. Heute hat die Allianz gegen Waffenexporte in Bürgerkriegsländer die Initiative bei der Bundeskanzlei eingereicht. Sie fordert, dass die Schweiz kein Kriegsmaterial mehr in Länder exportiert, die in Bürgerkriege involviert sind oder die Menschenrechte systematisch verletzen. Betreffen würde das zum Beispiel Exporte in Länder wie Saudi-Arabien, Katar oder die Türkei.
Derweil plant der Bundesrat den grössten Schweizer Rüstungskonzern RUAG aufzuspalten. Neu soll die RUAG aus einem staatlichen Teil bestehen, der Kriegsmaterial ausschliesslich für die Schweizer Armee produziert und einem privatwirtschaftlichen Teil, der Kriegsmaterial ins Ausland exportiert. Die Forderungen der Initiative würde diese Aufspaltung allerdings nicht tangieren, so Lewin Lempert, politischer Sekretär der GSOA, weil das Rüstungsgüterkontrollgesetz auch für sämtliche privaten Anbieter gilt, solange diese ihren Hauptsitz in der Schweiz haben und die Waffen aus der Schweiz exportieren.
«Discuss it» – Lust auf Politik fördern
«Wenn Schulen von selbst Politpodien organisieren und es uns nicht mehr braucht, sind wir zufrieden», sagt David Fischer von Discuss it. Dieser Verein setzt sich dafür ein, dass sich Jugendliche vermehrt für Politik interessieren. «Discuss it» engagiert sich dort, wo Jugendliche am besten erreicht werden können: In Mittel- und Berufsschulen in der ganzen Schweiz organisiert der Verein Politpodien – meistens kurz vor Abstimmungen. Eingeladen werden bekannte und weniger bekannte Politiker*innen. Die Schüler*innen werden animiert bei den Podien mit zu diskutieren.
Obwohl politisches und gesellschaftliches Engagement bei Jugendlichen dank aktuellen Bewegungen – wie den Klimastreiks oder dem Frauen*streik – im Trend sei, brauche es weiterhin viel Arbeit im Hintergrund, sagen Hannah Stenzler, Nicolas Solenthaler und David Fischer. Sie haben das RaBe-Studio besucht, um über ihre Visionen zu sprechen:
«Halbstark» – die ersten Rebellen der Schweiz
Die 50er und 60er-Jahre waren in der Schweiz geprägt von Arbeit, wirtschaftlichem Aufschwung und Konsum. In den Garagen stand das eigene Auto und man gönnte sich Ferien an der Adria. Die fünfziger Jahre waren aber auch das Jahrzehnt, als der Rock’n’Roll die Schweiz erreichte und auch hier in Form der Halbstarken Anhänger fand. Die Halbstarken gehörten zu den ersten antibürgerlichen Rebellen der Nachkriegszeit und inszenierten sich gerne öffentlich. Dazu gehört das Tragen von «anstössiger» Kleidung, also Jeans, karierte Hemden, Stiefel und gerne auch überdimensionale Gürtelschnallen. Die Bürgerschrecke lungerten auf den Strassen herum, tranken, rauchten, hörten Elvis Presley und waren dem Spiessbürgertum selbstredend ein Dorn im Auge.
Der Zürcher Fotograf Karlheinz Weinberger (1921 – 2006) hat die Jugendbewegung der Halbstarken mit seiner Kamera dokumentiert. Er fotografiere nur, was ihm gefalle, sagte Weinberger einst. In seinem Fall bedeutete dies in erster Line Männer. In einer Zeit, als Schwulsein noch weit entfernt davon war, gesellschaftlich toleriert zu sein, war das Fotografieren von Männern für Weinberger eine Möglichkeit, mit der eigenen Homosexualität umzugehen. Seine Bilder erschienen unter anderem in der Zeitschrift Der Kreis, daneben lichtet Weinberger aber auch oft Männer beim Sport ab und eben: die Halbstarken und später auch der Rocker.
Kein anderer Schweizer Fotograf habe sich so intensiv den Subkulturen der 60er befasst, weswegen Weinberger ein wichtiger Chronisten der damaligen Zeit sei, sagt der Kurator des Kornhausforums Bernhard Giger im Interview mit RaBe. Dies sei mitunter ein Grund, weswegen er Weinbergers Bilder nach Bern geholt habe:
«Halbstark, schön und rebellisch», Kornhausforum Bern, bis 4. August 2019, Eintritt gratis . Mehr Bilder gibt es hier.