Über den Klimawandel und dessen Auswirkungen auf die Karibik berichtet der Journalist Max Böhnel im RaBe-Info – im ersten Teil besucht er Dominica.

Orkan Maria liess 2017 vom Regenwald nicht viel übrig. Was bis heute nachgewachsen ist, nimmt der nächste Sturm wieder mit. (Foto: Max Böhnel)
Dennoch lernen die Menschen. Die Stichworte heissen Klimaresilienz und Klimaadaption. Denn sich dem Schicksal fügen, ist keine Option. Der Frage, wie sich Menschen konkret von dem doppelten Fluch – soziale Verhältnisse und Klimawandel – erlösen könnten, ist der Journalist Max Böhnel für RaBe in drei ganz unterschiedlichen Karibikländern nachgegangen: Dominica, Jamaika und Bahamas.
Im ersten Teil der Serie berichtet Max Böhnel von Dominica. Diese kleine Insel ganz im Osten der Karibik ist von Bergen und Regenwald geprägt – Tourismus fällt kaum ins Gewicht. Die Stürme vor zwei Jahren waren so verheerend, dass Dominicas Premierminister vor der UNO sagte «Der Garten Eden ist zerstört». Dennoch hat Dominica angekündigt, der erste wirklich «klimaresistente Ort» der Welt zu werden:
2017 verwüstete der Orkan Maria die Insel Dominica. 65 Menschen kamen dabei um. 98 Prozent aller Dächer waren beschädigt oder ganz zerstört, die Hälfte der Gebäude erlitt Totalschäden. Die Orkanwinde entlaubten die gesamte Vegetation, mit Zehntausenden von entwurzelten Bäumen wurde der Regenwald schwer beschädigt. Die Landwirtschaft, eine Hauptseinkommensquelle, kam zum Totalstillstand: 100 Prozent der Bananenplantagen gingen verloren. Nach wie vor finden Wiederaufbauarbeiten statt. Heute muss dank internationaler Hilfsmassnahmen und dank Zuwendungen der Regierung niemand mehr im Freien übernachten. Die meisten Häuschen sind entweder völlig neu gebaut oder wieder bewohnbar gemacht worden.

Ian King, der UNDP-Verantwortliche für Dominica, vor der Grundschule von Salisbury. «Es würde noch 5 Jahre dauern, bis alles sturmfest ist». (Foto: Max Böhnel)
Die sogenannte internationale Staatengemeinschaft ist bei der Bekämpfung des Klimawandels bisher gescheitert. Laut dem Rundbrief der linken Carribean Labour Solidarity ist das mit zurückzuführen auf «die alten imperialistischen Mächte», wie sie genannt werden. Sie seien seit jeher für den Zustand des Klimas verantwortlich. Die UNO verfüge deshalb, weil diese Mächte die Institution weitgehend kontrollieren, über keinen Mechanismus, der sie in die Schranken weisen könnte. Deshalb sei von der UNO in punkto Klimakrise in der Karibik kaum etwas zu erwarten. Die weltweite Ungleichheit bei der Reichtums- und Ressourcenverteilung mache eine aktive Klimapolitik in der Karibik, ja im ganzen globalen Süden, unmöglich. Denn: welche Mittel hätte die Karibik übrig? Das alles sei eine Folge des Imperialismus, der Sklaverei und des Kolonialismus, noch dazu verschärft durch den Neoliberalismus in allen seinen Facetten.
Die Schweizerin Annette Peyer, die seit vielen Jahren das Hotel Tamarind Tree Lodge in Salisbury betreibt, hat die Orkansaison 2017 gut überstanden. Kurz nach den Stürmen entstand eine Initiative der Regierung von Dominica: Voluntourismus – nach dem Motto, urlaube und tue dabei Gutes. Es ging darum, Touristen und Touristinnen Rabatte einzuräumen, wenn sie beim Aufräumen und beim Wiederaufbau helfen. Das erfolgte auf einem der Abschnitte eines 185 Kilometer langen Wanderwegs, um den sich die Gäste von Annette Peyer kümmerten. Es handelt sich um den längsten Wanderweg in der Karibik, durch den Regenwald, über Flüsse, vorbei an Vulkanen und Schwefelquellen. Annette Peyer stellte zwei junge Männer an, die die Touristen anleiteten. Man zog Stämme aus dem Fluss und sägte mit Kettensägen den Wanderweg frei. Aber insgesamt fällt der Voluntourismus, wenn es um Klimaresilienz und -adaption geht, nicht ins Gewicht. Ob sie Angst vor einem weiteren Jahrhundertsturm hat? Annette Peyer beantwortet die Frage so: «Das war nicht der Sturm des Jahrhunderts, das war der erste von vielen… Das weiss jeder. Das ist jedem klar, weil wir sehen ja, wie sich das verändert. Du hast die Waldbrände in Kalifornien, in Nordeuropa, der furchtbare Schneesturm in Nordamerika und Kanada… in der Schweiz der grosse Bergrutsch von Gondo, die alten Gipfel schmelzen ab, weil der Permafrost verschwindet, die Arktis schmilzt – das betrifft uns jetzt einfach alle, wo wir sind.»Die Recherche für diesen Beitrag von Max Böhnel wurde vom Medienfonds real 21 – Die Welt verstehen finanziert, der von der Schweizer Medienschule MAZ und von Alliance Sud getragen wird.