«Der Markt regelt eben nicht alles», sagt die Klima-Allianz zum ihrer Meinung nach kontraproduktiven Handel mit Emissionszertifikaten von CO2. 116 Schweizer Anwält*innen haben sich der Kampagne «Solidarität ist kein Verbrechen» angeschlossen und fordern, dass Menschen, die MigrantInnen aus humanitären Gründen unterstützen, nicht mehr bestraft werden. Das NomadLab, die mobile Kunstplattform auf Rädern macht Halt auf der Schützenmatte, mit im Gepäck auch die St. Galler Illustratorin, Malerin und Performerin Lika Nüssli. Den Podcast gibt es hier:
Handel mit Emissionszertifikaten von CO2
40 Seiten umfasst der CO2-Verordnungstext, der von der Bundesverwaltung in die Vernehmlassung geschickt wurde und ab dem 1. Januar 2020 in Kraft treten soll. Mit der Idee, der Markt würde es dann schon regeln, wurde 2005 ein System eingeführt, mit dem der Klimaschutz vorangetrieben werden sollte: der sogenannte Emissionshandel mit CO2-Zertifikaten. Eine Unternehmung, die viel Klima schädigendes CO2 ausstösst, muss so ein Zertifikat haben. Dieses Zertifikat erlaubt es der Unternehmung, eine bestimmte Menge CO2 ausstossen zu dürfen. Falls die betroffene Unternehmung weniger CO2 ausstösst, kann sie überschüssige Zertifikate verkaufen. Unternehmungen, die mehr CO2 ausstossen, als sie eigentlich dürfen, können dann diese Zertifikate aufkaufen. Eine übergeordnete Behörde beschliesst, wie viel CO2-Ausstoss gehandelt werden kann. Um den Klimawandel zu bremsen, wird die jährlich erlaubte Gesamtmenge laufend gesenkt. Am Schluss sollte sie eigentlich bei Null sein. Bis jetzt ist sie jedoch weit davon entfernt. Nun soll der Emissionshandel der Schweiz mit dem europäischen Emissionshandel von der EU und den anderen EFTA-Staaten verknüpft werden.
Die Klima-Allianz ist ein Zusammenschluss von 77 Organisationen aus den Bereichen Umwelt, Entwicklungs- und Sozialpolitik. Sie übt harsche Kritik am herrschenden Systems des Emissionshandels und an den Plänen der Bundesverwaltung. Diese Klimaschutzmassnahme greife zu wenig. Im Moment müssen die 50 grössten CO2-Verschmutzer und Verschmutzerinnen der Schweiz über CO2-Zertifikate verfügen, mit denen sie nur in der Schweiz handeln können. In Zukunft dürften sie dann auch im Rest von Europa damit handeln. Da in Europa weitaus laschere Regeln gelten würden als in der Schweiz, sei das problematisch und es würden falsche Anreize gesetzt, sagt Christian Lüthi, Geschäftsleiter der Klima-Allianz gegenüber RaBe. Es sei blanker Hohn der Klimastreik-Bewegung gegenüber, wenn das herrschende System nun verschlimmbessert würde. Die Klima-Allianz fordert nun Anpassungen bei der neuen CO2-Verordnung.
Solidarität ist kein Verbrechen
Die Verhaftung von Carola Rakete, Kapitänin des Rettungsschiffes Sea Watch 3 wirft international hohe Wellen und hat zu einem Zerwürfnis zwischen Deutschland und Italien geführt. Deutschland stellt sich auf den Standpunkt, die deutsche Kapitänin habe in einer Notlage gehandelt und sich darum nicht strafbar gemacht. Italien hingegen wirft Rakete unter anderem Beihilfe zur illegalen Einwanderung und Widerstand gegen die Staatsgewalt vor, und hält sie derzeit unter Hausarrest auf der sizilianischen Insel Lampedusa.
Dabei steht die grundlegende Frage im Zentrum: Sollen Menschen bestraft werden, die aus Solidarität mit Geflüchteten geltende Gesetze verletzen?
Brisant ist diese Frage auch im Kontext der Schweiz, weil sich auch hierzulande immer mehr Menschen deswegen strafbar machen. Im Jahre 2017 wurden 1175 Personen strafrechtlich verfolgt, weil sie AusländerInnen zu rechtswidriger Einreise oder rechtswidrigem Aufenthalt verholfen haben – viele von ihnen aus humanitären Gründen.
Mit der laufenden Kampagne Solidarität ist kein Verbrechen fordert die Hilfsorganisation Solidarité sans frontières eine Anpassung des Ausländer- und Integrationsgesetzes, wonach humanitäre Hilfe in Notlagen nicht mehr strafbar wäre. Dieser Kampagne haben sich kürzlich 116 Schweizer AnwältInnen angeschlossen. Unter ihnen auch Melanie Aebli, Anwältin in Bern und Geschäftsleiterin der Demokratischen Jurist*innen Schweiz, «weil ich Gesetze nicht nur anwenden will, sondern auch verändern, wenn ihre Anwendung nicht im Sinne der Gerechtigkeit erfolgen kann.» Dasselbe Ziel verfolgt auch die Genfer Nationalrätin Lisa Mazzone von den Grünen mit einem Vorstoss im Parlament.
NomadLab – mobile Kunstplattform
Eine Kunstplattform auf Rädern – etwa so liesse sich das NomadLab beschreiben. Dabei ist diese Plattform aber nicht einfach irgendein schnöder und steriler Anhänger, sondern ein 11 Meter langer und 10 Tonnen schwerer Koloss. Er habe das ehemalige Postauto im Internet ersteigert, sagt Miguel Onofre, einer der Initianten von Nomadlab. Weil sich darin verfeindete Hockey-Gruppierungen so richtig Sauers gegeben hätten, sei es in einem äusserst desolaten Zustand gewesen und man habe sehr viel Zeit und Arbeit reinstecken müssen, bevor es für NomadLab-Zwecke tauglich gewesen sei. Heute ist das alte Poschi ein schmucker und einladend wirkender Offspace.
Die Idee von NomadLab sei es, Kunst zu den Menschen zu bringen und so niederschwellig zugänglich zu machen, erklärt Corinne Odermatt, die zweite im Nomadlab-Bunde. Seit rund einem Jahr kurvt sie mit Miguel Onofre und dem gelben Postauto durch die Schweiz. Mit an Bord sind immer auch unterschiedliche Künstler*innen, die so eine Plattform erhalten, ihr Schaffen in verschiedenen Städten zu präsentieren. Aktuell an Bord ist die St. Galler Illustratorin, Malerin und Performerin Lika Nüssli. Zu den sphärischen Bass-Klängen von Musiker Marc Jenny bietet Nüssli mit Tüchern und Farbe eine Performance, in der sie die Schöpfungsgeschichte neu erzählt.
Das NomadLab macht vom 4. bis 7. Juli 2019 Halt auf der Berner Schützenmatte, und kann jeweils von 15h-20h besucht werden. Am FR 12. gibts bei der Finissage eine Zeichnungs-Performance von Lika Nüssli und Roland Bucher (Blind Butcher).