Menschenunwürdig ist das Dasein für Geflüchtete an der EU-Aussengrenze zwischen Kroatien und Bosnien – der Reporter Klaus Petrus berichtet von seiner Reise in ein Lager auf einer Mülldeponie und zeigt die Auswirkungen der rechtspopulistischen Migrationspolitik der EU. Die Fachstelle Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn trotzt dem wachsenden Rechtspopulismus und engagiert sich für mehr Menschenwürde für Geflüchtete – seit 40 Jahren. Mehr dazu im Podcast:
Katastrophale Zustände an der bosnisch-kroatischen Grenze
Seitdem Ungarn vor gut eineinhalb Jahren seinen Grenzzaun zu Serbien fertig gestellt hat, verschob sich die Balkanroute nach Westen: Viele Menschen versuchen nun über Bosnien und Kroatien nach Mitteleuropa zu gelangen.Die Grenze zwischen den beiden Ländern ist eine EU-Aussengrenze, Kroatien ist EU-Mitglied, Bosnien nicht. Um sich als Türsteher Europas zu beweisen, führt die kroatische Polizei deswegen immer wieder systematische, rechtswidrige und oft gewaltsame «Pushbacks» durch. Das heisst, sie schickt Migrant*innen ins Nachbarland Bosnien zurück, ohne ihnen die Möglichkeit zu geben, Asyl zu beantragen. Um die 200 solcher Vorfälle hat die Organisation Border Violence Monitoring in den letzten Monaten festgehalten. In Bosnien bleibt vielen Menschen nichts anderes übrig, als sich ins Flüchtlingslager Vučjak zu begeben, nahe der Stadt Bihać im Nordwesten des Landes. Ein Camp, welches von der städtischen Regierung auf einer ehemaligen Mülldeponie errichtet wurde. «In Vučjak haben mir Geflüchtete erzählt, dass sie von der kroatischen Grenzpolizei geschlagen und erniedrigt wurden. Sie zeigten Prellungen und Verletzungen an Händen und Füssen, vielen wurden die Handys kaputt gemacht», schildert Reporter und Fotojournalist Klaus Petrus im Interview mit RaBe. Rund 10 Tage hat er Mitte August an der Grenze zwischen Bosnien und Kroatien verbracht um die Situation zu dokumentieren. Es seien zwischen 400 und 800 Personen, welche mittlerweile auf der Müllhalde hausten und die meisten von ihnen würden trotz der drohenden Gewalt durch die kroatische Polizei immer wieder versuchen, die grüne Grenze zu überwinden um Richtung Mitteleuropa weiterzureisen.
Das Interview mit Klaus Petrus – in voller Länge:
Kirchliche Migrationsarbeit unter Druck
Der erstarkende Rechtspopulismus macht im Migrationsbereich engagierten Organisationen zunehmend das Leben schwer. So auch den Kirchen, die auf eine lange Tradition der Unterstützung von Asylsuchenden und Migrant*innen zurückblicken. Am Anlass zur Feier des 40. Jubiläums der Fachstelle Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn diesen Freitag steht deshalb die Frage im Zentrum, wie kirchliches Engagement in Zeiten des erstarkenden Rechtspopulismus aussehen soll.Carsten Schmidt, Leiter Fachstelle Migration geht davon aus, dass sich die Kirche neben ihrer traditionellen Unterstützungsarbeit in Zukunft aktiver in die aktuelle, politische Debatte einbringen wird. Gehe es um die Thematik Migration und Asyl, sei es heutzutage gar nicht mehr möglich, nicht politisch zu sein, sagt Carsten Schmidt. Während sich die Kirche also bisher nur punktuell und meist zurückhaltend in laufende, politische Debatten eingebracht habe, sei davon auszugehen, dass sich dies aufgrund des erstarkenden Rechtspopulismus nun ändern werde.