Die geplante Gross-Überbauung Weyermannshaus West sorgt sowohl beim Gewerbe als auch bei der Anwohner*innenschaft für grossen Unmut. Auf einer Fläche, fast so gross wie das Neubaugebiet Viererfeld, plant die Stadt Bern zusammen mit den Grundeigentümer*innen Post Immobilien und Burgergemeinde Bern 800 – 1000 neue Wohnungen. Auf dem heutigen Gewerbeareal zwischen der Badi Weyerli und dem Untermattquartier im Westen von Bern soll ein dichtes, urbanes Wohnquartier mit Gewerbeanteil entstehen.
Im Rahmen des öffentlichen Mitwirkungsverfahrens, das morgen Mittwoch endet, erntet die Überbauungsordnung Weyermannshaus West viel Kritik.
Der Gewerbeverband Stadt Bern moniert, die Stadt Bern verkenne die Realitäten des produzierenden Gewerbes. Gewerbe, das diesen Namen verdiene, sei ohne Lärmemissionen und Verkehr nicht zu haben, was in einem Wohnquartier unweigerlich zu Konflikten führe. Präsident Thomas Balmer fordert deshalb von der Stadt, das Areal Weyermannshaus West als eines der letzten, verblieben Areale für Gewerbe und Industrie in der Stadt Bern zu erhalten.
Kritik ernten die Überbauungspläne der Stadt auch seitens der Quartierbevölkerung. Der Quartierverein Untermatt kritisiert in seiner Stellungnahme insbesondere, dass die Stimmen aus dem Untermattquartier, wozu auch das Areal Weyermannshaus West gehöre, in der Planungsphase kaum berücksichtigt worden seien. Diese Bedürfnisse seien zahlreich, in einem sehr verdichteten Quartier, dass kaum Freiräume biete, mit einer Bewohnerschaft, die grösstenteils sozioökonomisch benachteiligt und auf bezahlbaren Wohnraum angewiesen sei, so Simon Affolter vom Quartierverein Untermatt. Unverständlich findet er, dass die Stadt es verpasst habe, mit der Überbauung die aktuell schwierigen Situation der Kinder des Untermattquartiers zu verbessern. Aktuell würden die Kinder bei der Einschulung willkürlich auf drei umliegende Schulhäuser verteilt. Mit der Überbauung hätte die Stadt die Möglichkeit gehabt, mit einem neuen Schulhaus, sowie Kindertagesstätten und Spielplätzen diesen Misstand zu beheben. Ähnlich tönt es in der Stellungnahme des Café LeChoix vom Untermatttreff. Im Rahmen einer Befragung der Quartierbewohnenden sei klar geworden, dass die meisten Bewohnenden das Quartier verlassen müssten, falls die Mieten steigen. Laut dem Bericht zur Überbauungsordnung Weyermannshaus West soll zwar ein Drittel preisgünstiger Wohnraum entstehen, sprich Wohnungen, die dauerhaft in Kostenmiete vermietet würden. 70% des Wohnraumes sei aber trotzdem auf Gutverdienende ausgerichtet, was das angrenzende Untermattquartier stark unter Druck setze. Sowohl der Quartierverein als auch das Café LeChoix befürchten, dass durch die Aufwertung des Areals eine Verdrängung der aktuellen Quartierbevölkerung stattfinden werde. Zur Abfederung der Gentrifizierung bringt das Café LeChoix in seiner Stellungnahme das Instrument des Sozialplans ins Spiel. In Unternehmen bereits weit verbreitet, sei das Mittel des Sozialplans auch im Wohnbereich zu erproben, um die negativen Folgen von strukturellen Veränderungen abzudämpfen.
Morgen Mittwoch endet die öffentliche Mitwirkung zur Überbauungsordnung Weyermannshaus West. Ob und wenn ja inwiefern die kritischen Stellungnahmen aus dem Quartier noch ins Projekt einfliessen, wird sich weisen.