Warum der Tropensturm «Dorian» nur eine von vielen drohenden Katastrophen ist und wie die Bevölkerung der Bahamas mit dem Klimawandel umgeht, das erzählt die dritte Reportage von Max Böhnel aus der Karibik. Warum «fett» und «dick» auch «schön» ist, erklärt Melanie Dellenbach vom Projekt «yes2bodies». Das Info um 11 Uhr und ab Mittag als Podcast…
Bahamas nach «Dorian»
In der dritten und letzten Folge der Serie «Karibik und der Klimawandel» reist der Reporter Max Böhnel auf die Bahamas, wo vor zehn Tagen der Wirbelsturm «Dorian» gigantische Verwüstungen angerichtet hat:
«Wir erleben eine Tragödie, die in die Geschichtsbücher eingehen wird. In den nördlichen Bahamas konzentreiren wir uns jetzt auf Rettungsmassnahmen. Betet für die Betroffenen und die Helfer.»
Das sagte der Premierminister der Bahamas Hubert Minnis, kurz nachdem einer der grössten und stärksten Hurrikane, die jemals gemessen wurden, über die Abacos-Inseln und Grand Bahama gezogen war. Der Orkan mit dem Namen Dorian zerstörte Tausende von Gebäuden und verursachte massive Überschwemmungen. Eine Woche danach waren erst 50 Leichen geborgen worden. Die Opfer gehen Schätzungen zufolge in die Hunderte. 70’000 Menschen überlebten, sind aber obdach- und mittellos und wissen nicht, wohin auf den Bahamas oder ob sie sie verlassen sollen. Wieder einmal hat sich die Klimakrise gezeigt, und wieder einmal wurde deutlich, dass die Stürme durch die Erwärmung der Erde besonders stark mit Energie aufgeladen werden. Erörtert wird inzwischen, ob eine höhere Kategorie für Orkane eingeführt werden soll, Kategorie 6.
«Die Bahamas sind sich des Klimawandels seit vielen Jahren bewusst. Wir liegen sehr tief. Die höchste Erhebung liegt 70 Meter über dem Meeresspiegel. Der grösste Teil unserer Infrastruktur, unsere Strassen, unsere touristischen Einrichtungen, unsere Wohnungen und Gemeinden befinden sich in Meeresnähe. Wir sind ein bergloses Land und bestehen, überspitzt gesagt, grossenteils aus Sandstränden. Es gibt keine Erhebung, auf die man bei Stürmen und Überschwemmungen evakuiert werden könnte.» Viele unbewohnte und einige bewohnte Inseln der Bahamas werden dem Klimawandel überlassen werden müssen, sagt sie. Den Rest solle man mit sogenannten «Grünen Verteidigung» schützen. Damit meint sie den Schutz und den Ausbau von Riffen. Allerdings selbst wenn in den kommenden Jahren Stürme ausbleiben sollten, werden der steigende Meeresspiegel und die Erosion der Küsten und Strände die Landfläche der Bahamas reduzieren. Grossbanken und Versicherungsunternehmen schätzen, dass allein die am Besten befestigte Hauptstadt Nassau 10 Prozent der Landfläche einbüssen wird.
Nassau ist Ziel vieler Kreuzfahrtschiffe, die aber nicht nur ein Segen sind. Sie bringen zwar 75% der Gäste auf die Inseln, generieren jedoch nur 10% der wirtschaftlichen Einkünfte. Die Umweltwissenschaftlerin Kelli Armstrong berät die Regierung und Unternehmen in Klimafragen. Es werde nach wie vor viel zu wenig investiert, klagt sie. Gleichwohl gebe es ein paar kleine Lichtblicke:
«Die Kreuzfahrtschiffindustrie passt ihre Schiffe insofern an, indem sie mehr energiesparend wird. Und sie überprüft ihre Zulieferketten und erklärt sich bereit, mehr lokale Produkte von lokalen Zulieferern zu kaufen. Und wir die örtliche Bautätigkeit verändert sich. Man achtet darauf, weiter landeinwärts zu bauen.» Aber das komme alles sehr, sehr spät, klagt Armstrong. Da die Gewässer um die Bahamas-Inseln nicht allzu tief sind, erwärmt sich das Wasser eher als anderswo – was umso mehr zu Algenwachstum führt und zur berüchtigten Korallenbleiche beiträgt. Ein Gegenmittel ist deshalb die Errichtung von Meeresschutzzonen. Diese Meeresschutzflächen sollen bis nächstes Jahr verdoppelt werden. Nicht nur die Fischer profitieren davon langfristig, sondern auch die Tourismus-Beschäftigten – so zumindest die Hoffnung Vieler auf den Bahamas.
Der Journalist Max Böhnel hat verschiedene Karibik-Inseln besucht und untersucht, wie die Inseln mit dem Klimawandel und den sozialen Herausforderungen umgehen. Im ersten Teil seiner Reportage-Serie besuchte er Dominica, im zweiten Teil Jamaika. Ermöglicht wurde die RaBe-Reportage vom Medienfonds real 21 – Die Welt verstehen.
Ja zu körperlicher Vielfalt
Melanie Dellenbach ist dick. Manchmal nennt sie sich auch «fett». Diese Beschreibung sei für sie genau so ohne Wertung wie die Tatsache, dass sie blaue Augen habe. Melanie Dellenbach setzt sich für mehr Akzeptanz von Menschen mit unterschiedlichen Körperformen ein. Sie fordert mit ihrem Projekt yes2bodies die Inklusion von dicken Menschen und eine Ende der Diskriminierung. Gleichzeitig möchte sie eine Community aufbauen mit Gleichgesinnten – dicken und dünnen Aktivist*innen, die sich gegen den gängigen Körperkult stellen wollen, ein Kult, welcher fordert, dass wir unsere Körper stets optimieren müssen.
Nächsten Montag Abend findet im Innovationsdorf Bern ein Workshop von Yes2Bodies statt. Eingeladen sind alle Interessierte jeglicher Körperform.