Frankreich hat aktuell 42 verschiedene Rentensysteme, welche Macron vereinheitlichen will, so dass künftig alle Staatsangestellten in eine Kasse einzahlen. Weiter will Macron das Mindestrentenalter von heute 62 auf 64 anheben. Wer schon vorher in Rente gehen will, muss finanzielle Einbussen in Kauf nehmen.
Umstrittenstes Kernstück der Reform ist jedoch das neue Berechnungssystem, welches Macron einführen will: Während bisher die Rentenhöhe anhand der letzten 6 Einkommensmonate berechnet wurde, soll sie neu anhand des Einkommens der gesamten 43 Erwerbsjahre berechnet werden. Dadurch sinken die Renten, weil mit dem Alter und der Erfahrung die Einkommen meist steigen. Hier will die Regierung Macron bisher keine Zugeständnisse machen.
Letzten Dienstag starteten die jüngsten Verhandlungsrunden zwischen der Regierung und den Gewerkschaften. Präsident Macron zeigte sich im Vorfeld hoffnungsvoll auf einen raschen Kompromiss. Die Regierung habe den Vorschlag des größten Gewerkschaftsbundes CFDT zur Kenntnis genommen. Laut Bernhard Schmid, freier Journalist und Buchautor ist jedoch von diesen Verhandlungen lediglich ein Scheinkompromiss zu erwarten, weil die neue, umstrittene Rentenberechnung hier nicht zur Debatte steht.
Die Auswirkungen des Streiks auf die Bevölkerung sind enorm: Paris hatte 50 % weniger Tourismus über die Feiertage, und seit die Metros und Busse weitgehend stillstehen, versinkt die Stadt im Verkehrschaos. Kinder können nicht zur Schule und Arbeitnehmende nicht zur Arbeit. Dennoch sei die Solidarität in der Bevölkerung nach wie vor sehr gross: Gestern gingen wieder tausende Menschen auf die Strasse, viele zahlen in Streik- und Solidaritätskassen ein.
Der Streik wird vorwiegend von einzelnen Berufsgruppen getragen, wie den Angestellten des Transport- und Bildungswesens, und seit kurzem auch der Ölindustrie. Dass Macron die Reform beerdigt, scheint derzeit jedoch unwahrscheinlich. Wie lange der Streik noch weitergeht, hängt laut Bernhard Schmid insbesondere davon ab, wie lange die streikführenden Berufsgruppen noch auf ihr Einkommen verzichten können.