Es ist ein Skandal, der in seiner Gesamtheit immer komplexer wird und scheinbar kein Ende finden will: Der Korruptionsskandal rund um drei gigantische, illegale Kredite für Mosambik.
Bereits vor einigen Jahren wurde bekannt, dass der ostafrikanische Staat fragwürdige Kredite in der Höhe von insgesamt 2 Milliarden Dollar aufgenommen hatte. Diese Kredite stammten sowohl von der Schweizerischen Grossbank Credit Suisse als auch von der russischen Staatsbank VTB und wurden letztendlich vor allem für militärische Zwecke eingesetzt. Weder der Internationale Währungsfond IWF, noch die Weltbank oder die Afrikanische Entwicklungsbank wussten etwas von den immensen Geldbeträgen, die in den Jahren 2013 und 2014 in regelmässigen Abständen nach Mosambik flossen. Und bis heute konnte nicht restlos geklärt werden, was mit dem vielen Geld tatsächlich passiert ist. Klar ist nur: Mindestens 200 Millionen Dollar dieser insgesamt 2 Milliarden Dollar wurden wohl in Schmiergelder investiert.
Nicht zuletzt aus diesem Grund, legten der IWF und die Geberländer ihre Budgethilfe an Mosambik im Jahr 2016 auf Eis. Ein Entscheid, der das gebeutelte Land letztendlich dazu zwang, seine Zahlungsunfähigkeit zu deklarieren. Seither kommt es vor Gericht zu einem regelrechten Schlagabtausch zwischen den verschiedenen Beteiligten. Sowohl die Credit Suisse als auch Mosambik überhäufen sich mit Klagen und Gegenklagen, um zu retten, was noch zu retten ist. Denn gerade für Mosambik steht so einiges auf dem Spiel. Schliesslich gilt das ostafrikanische Land als eines der ärmsten der Welt und die Staatsverschuldung beträgt nicht zuletzt aufgrund der illegalen Kredite unglaubliche 120 Prozent des Bruttonationaleinkommens.
Mittlerweile gilt der Korruptionsskandal rund um die drei illegalen Kredite für Mosambik als einer der grössten und komplexesten seiner Art. Und noch immer schwelt er vor sich hin, denn allmählich kommen immer mehr brisante Details an Licht. Höchste Zeit also diesen undurchsichtigen und mittlerweile hochgradig komplizierten Korrputionsskandal noch einmal aufzurollen, gemeinsam mit dem emeritierten Professor für Ethik und Philosophie und freischaffenden Journalisten Thomas Kesselring.
Die Fakten über den Mosambik-Skandal
- Die erwähnten Kredite für Mosambik belaufen sich zusammen auf über 2 Milliarden US-Dollar.
- Sie tragen damit nicht weniger als 20% zur Gesamtverschuldung Mosambiks bei.
- Alle drei Kredite wurden dem mosambikanischen Parlament und der Bevölkerung konsequent verheimlicht.
- Das Parlament hätte den Krediten zustimmen müssen.
- Mindestens 200 Millionen US-Dollar – wahrscheinlich deutlich mehr – wurden in Schmiergelder getätigt.
- Vordergründig hätten die Kredite in den Ausbau und Unterhalt der mosambikanischen Fischfangflotte und des Küstenschutzes investiert werden sollen.
- Ein Grossteil der Kredite wurde jedoch für militärische Zwecke abgezweigt und vermutlich in Waffen investiert (nicht bestätigt).
- Mosambik zählt mit seinen 30 Millionen Einwohnern zu den ärmsten Ländern der Welt – und nun auch zu den am höchsten verschuldeten.
- Die Staatsverschuldung beträgt mehr als 120 Prozent des Bruttonationaleinkommens.
Der Gesamtkredit in der Höhe von über 2 Milliarden Dollar setzt sich folgendermassen zusammen:
- Kredit 1: 850 Mio. für die Firma Ematum (zuständig für den vermeintlichen Ausbau der mosambikanischen Fischfangflotte)
- Kredit 2: 622 Mio. für die Firma ProIndicus (zuständig für den vermeintlichen Ausbau eines militärischen Küstenschutzprojekts)
- Kredit 3: 535 Mio. für die Firma Mozambique Asset Management (zuständig für den vermeintlichen Unterhalt der Schiffe)
Die Absichten und Rollen der beteiligten Akteure
Als eigentliche Drahtzieher hinter dem Korruptions-Skandal werden v.a. die folgenden Personen vermutet: Der libanesisch-französische Geschäftsmann Iskandar Safa (Inhaber des Firmenkonglomerats Privinvest), dessen Bruder Akram Safa, der ehemalige CS-Banker Jean Boustani (Chefverkäufer von Privinvest) sowie der ehemalige mosambikanische Staatspräsident Armando Guebuza.
Gemeinsam planten die beteiligten Akteure einen Megadeal mit der französischen Schiffbaufirma Constructions Mécaniques de Normandie (CMN), die wiederum dem bereits erwähnten Firmenkonglomerat Privinvest von Iskandar Safa und Jean Boustani angehört. Damit der Plan umgesetzt werden konnte, wurde im August 2013 die ominöse Firma Ematum ins Leben gerufen, die dem mosambikanischen Staat nahe steht und angeblich dem kommerziellen Thunfischfang dienen soll. Noch im selben Jahr gab Ematum bei der französischen Schiffbaufirma CMN 24 Schiffe zum Thunfischfang und je 3 Patrouillen- und Schnellboote in Auftrag – für insgesamt 350 Mio Dollar. Vermutet wird, dass der Kauf dieser Schiffe offenbar bereits vor der eigentlichen Firmengründung geplant war. Zunächst sollte der Schiffsbau durch einen Kredit in der Höhe von 500 Millionen Dollar finanziert werden – erst später wurde bekannt, dass der Gesamtkredit für Ematum sogar 850 Millionen Dollar betrug. Finanziert von den Londoner Ablegern der Credit Suisse und der russischen Staatsbank VTB.
Die grosse Differenz erhärtete den Verdacht, dass der mosambikanische Staat einen Grossteil der Gelder für militärische Zwecke abzweigte und damit womöglich sogar Waffen kaufte. Dennoch ist bis heute unklar, wohin die verbleibenden 500 Millionen Dollar des Ematum-Kredits tatsächlich geflossen sind. Und auch über die tatsächlichen Ausgaben für die Fischfangflotte kursieren die unterschiedlichsten Zahlen.
Auch bei den beiden anderen vergebenen Krediten, für die dubiosen Firmen ProIndicus und Mozambique Asset Management, liegt nach wie vor vieles im Dunkeln. Klar ist jedoch: Zwischen den drei verschiedenen Krediten gibt es eindeutige Zusammenhänge. So sind etwa alle drei Firmen eng mit dem mosambikanischen Geheimdienst verbandelt, was Rückschlüsse darauf ziehen lässt, dass die mosambikanische Regierung direkt involviert war. Hinzu kommt, dass alle drei Kredite in den letzten Amtsjahren von Staatspräsident Guebuza aufgenommen wurden – und zwar unter der Federführung von Finanzminister Manuel Chang.
Genau in dieser Zeit (2013 – 2015) begannen in Mosambik die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Widerstandspartei ReNaMo. Weil diese Partei der mosambikanischen Regierungspartei hätte gefährlich werden können, spricht vieles dafür, dass Mosambik vor allem in die militärische Aufrüstung investieren wollte und grosse Teile der vergebenen Kredite dafür verwendete.
Nach und nach kommen nun auch Details über die Machenschaften und Rollen der beiden Grossbanken Credit Suisse und VBT an Licht. In den USA wurden mittlerweile drei ehemalige Credit-Suisse-Angestellte verurteilt – wegen Bestechlichkeit. Diese hatten zuvor gegen den vermeintlichen Drahtzieher des Korruptionsskandals, Jean Boustani, ausgesagt.
Ein Skandal mit weitreichenden Folgen
Dem ostafrikanischen Land Mosambik stehen düstere Zeiten bevor.
Nachdem im April 2016 das Ausmass der geheimen Kredite bekannt geworden war, sperrte der Internationale Währungsfonds IWF seine Budgethilfe an Mosambik. Dasselbe taten auch 14 verschiedene Geberländer, darunter die Schweiz, sowie die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank. Das Loch in der mosambikanischen Staatskasse vergrösserte sich dadurch um weitere 290 Mio. Dollar und das ausgerechnet in einem der ärmsten Länder der Welt.
Mittlerweile beträgt die Staatsverschuldung beträgt mehr als 120 Prozent des Bruttonationaleinkommens und bereits jetzt ist klar: sie wird in den kommenden Jahren weiter steigen. Um zu retten, was noch zu retten ist, habe Mosambik bereits im vergangenen März in London je eine Klage gegen die Credit Suisse und die Schiffbaufirma CMN eingereicht, erklärt der emeritierte Ethik-Professor und Journalist Thomas Kesselring gegenüber Radio RaBe.
Was die gegenseitigen Klagen letztendlich bringen, steht noch in den Sternen.
Fest steht hingegen, dass die illegalen Kredite bislang nicht weniger als 20% zur Gesamt¬verschuldung Mosambiks beigetragen haben. Angesichts der massiven Verschuldung hat das ostafrikanische Land derzeit kaum Chancen jemals wieder festen Boden unter den Füssen gewinnen zu können. Eine Tatsache unter der letztendlich vor allem die Bevölkerung leiden wird, betont Thomas Kesselring, der selbst einige Jahre in Mosambik lebte und dort an der einer Universität unterrichtete.
Weiterführende Informationen über den Skandal:
http://www.thomaskesselring.com/journalismusjournalism-investigations-and-articles.html