Wie soll die Schweiz die Crypto-Affäre aufarbeiten? Wer finanziert die Stilllegung von AKWs? Wie geht’s weiter bei der Konzernverantwortungsinitiative? Antworten liefert das RaBe-Info.
Keine PUK in der Crypto-Affäre
Wie das Büro des Nationalrates gestern an seiner Sitzung zum Auftakt der Frühlingssession der eidgenössischen Räte entschieden hat, wird in der Crypto-Affäre vorerst keine Parlamentarische Untersuchungskommission PUK eingesetzt.
Die bürgerlichen Parteien haben sich durchgesetzt mit der Meinung, die laufenden Untersuchungen reichten aus, um Licht in die Crypto-Affäre zu bringen.
Über Jahrzehnte wurden über hundert Staaten von den Geheimdiensten der USA und Deutschlands abgehört, mit manipulierten Verschlüsselungsgeräten der ehemaligen Zuger Firma Crypto AG.
Balthasar Glättli, Fraktionspräsident der Grünen und Mitglied des Büros des Nationalrates zeigte sich gestern nach der Sitzung enttäuscht. Es gehe um gewichtige Werte, wie die Souveränität, Neutralität und Rechtsstaatlichkeit der Schweiz. Es gehe konkret um die Frage, ob der Schweizer Geheimdienst ein Staat im Staat sei, oder ob es auch politische Verantwortungsträger*innen waren, welche diese Zusammenarbeit der Crypto AG mit CIA und BND bewilligt haben.
Um zu erfahren, wer wann wie viel gewusst hat, laufen bereits zwei Untersuchungen. Eine vom Bundesrat in Auftrag gegebene Untersuchung des alt Bundesrichters Niklaus Oberholzer und die Untersuchung der Geschäftsprüfungsdelegation GPDel, die im Parlament die ständige Oberaufsicht über den Schweizer Nachrichtendienst hat. SP und Grünen reicht das bei weitem nicht, weil eine PUK sehr viel mehr in die Tiefe graben könne, da sie im Vergleich zur GPDel zwar die gleichen Untersuchungsmöglichkeiten, aber mehr Ressourcen hat.
Deshalb wollen SP und Grüne nun je eine parlamentarische Initiative mit der Forderung nach einer PUK einreichen. Damit verzögert sich der ganze Prozess, entscheiden wird der Nationalrat wohl erst in der Sommersession.
Umstrittenes Bundesgerichtsurteil
Am vergangenen Freitag wurde ein Bundesgerichtsurteil publik, wonach die Beiträge in die AKW-Stilllegungs- und Entsorgungsfonds (Stenfo) künftig durch die sogenannte Stenfo-Verwaltungskommission erlassen werden sollen. Bislang war für diese Aufgabe das eidgenössische Departement für Umwelt und Verkehr UVEK zuständig.
Was die Schweizerischen AKW-Betreiberinnen freuen dürfte, ist für die Gegner*innen der Atomkraft jedoch ein Schritt in die völlig falsche Richtung. Schliesslich sitzen in der neuerdings zuständigen Verwaltungskommission der Stenfo auch gewisse AKW-Betreiberinnen. Soll heissen: Die AKW-Betreiberinnen könnten ihre Beiträge für den Stenfo-Fonds künftig selbst festlegen.
Simon Banholzer, Leiter Fachbereich Atomenergie von der Schweizerischen Energiestiftung (SES) hat dafür kein Verständnis. Im Gespräch mit Radio RaBe erklärt er weshalb.
Definitiver Entscheid zur Konzernverantwortungsinitiative steht bevor
Morgen Mittwoch beginnen im Parlament die letzten Debatten rund um das heisse Eisen namens Konzernverantwortungsinitiative. Die Initiative fordert, dass Schweizer Unternehmen auch für im Ausland begangene Umweltverschmutzungen und Menschenrechtsverletzungen haften müssen.
Der Nationalrat hat sich bereits zwei Mal für einen relativ griffigen Gegenvorschlag ausgesprochen, aufgrund dessen sich das Initiativkomitee trotz grosser Abstriche dazu bereit erklärte, die Initiative zugunsten einer schnellen Lösung zurückzuziehen. Der Ständerat hingegen verabschiedete im Dezember 2019 einen Gegenvorschlag, welcher laut dem Initiativkomitee gar nichts bringen würde für Opfer von Menschenrechtsverletzungen durch Schweizer Konzerne, weil er lediglich eine Berichterstattungspflicht und keine Sanktionsmöglichkeiten festschreiben würde.
Sowohl Bundesrätin Karin Keller-Sutter als auch die grossen Schweizer Unternehmerverbände befürchten eine Klagewelle, falls die Initiative so durchkommt. Rahel Ruch, Kampagnenkoordinatorin der Konzernverantwortungsinitiative widerspricht: Bezüglich Konzernverantwortung sei die Schweiz im Vergleich mit anderen „westlichen“ Staaten aktuell ein Regulierungsloch. Viele Länder kennen Sorgfaltsprüfungen in einzelnen Sektoren, es gibt Berichterstattungspflichten und vielerorts auch die Möglichkeit, gerichtlich gegen Konzerne vorzugehen, deren Tochterfirmen im Verdacht stehen Menschenrechte zu verletzen. Zu Klagewellen sei es deshalb nirgends gekommen, so Rahel Ruch. Zudem sei die zivilrechtliche Haftung, wie sie in der Schweiz geplant sei, ein moderates Instrument, weil solche Gerichtsverfahren für die Geschädigten sehr aufwändig und auch teuer seien.
Ob sich die Räte in der aktuellen Session noch auf einen Gegenvorschlag einigen, und ob dieser Gegenvorschlag dem Initiativkomitee erlauben wird, die Initiative zurückzuziehen, wird sich in den nächsten Wochen zeigen.