Heute im RaBe-Info: Widerstand gegen die geplanten Sparmassnahmen der Stadt Bern, Protest gegen die Unterbringung von abgewiesenen Asylsuchenden in sogenannten Rückkehrzentren und Kritik am ewigen Druck zur Selbstoptimierung.
Sparmassnahmen in Zeiten von Corona
Ausgerechnet jetzt, in Krisenzeiten, muss die Stadt Bern den Rotstift ansetzten. Gestern Donnerstag bestätigte der Gemeinderat, dass die Stadt ihre Jahresrechnung 2019 mit einem Defizit von insgesamt 17.2 Millionen abschliesst. Ein Defizit, das zu erwarten war, schliesslich wurde bereits im Januar bekannt, dass die Stadt nicht genügend Gewinnsteuern von Unternehmen einnehmen konnte. Aus diesem Grund lagen die Steuererträge letztendlich rund 34 Millionen Franken unter dem budgetierten Wert.
Für das Jahr 2020 hat der Gemeinderat nun ein umfangreiches Entlastungspaket geschnürt, dass den Haushalt um insgesamt 15.5. Millionen Franken entlasten soll. Bereits im Februar hat der Gemeinderat beschlossen, zum einen 3.5 Millionen Franken bei den Personalausgaben zu kürzen. Zum anderen wurden die Direktionen beauftragt, in eigener Kompetenz zusätzlich 12 Millionen Franken nach einem fixen Quotenschlüssel einzusparen. Ursprünglich wollte der Gemeinderat mit diesem Sparpaket den Rückgang bei den Steuereinnahmen wieder wett machen und ein erneutes Defizit im Jahr 2020 verhindern.
Nun aber macht ihm die Corona-Krise einen Strich durch die Rechnung. Aufgrund der anhaltenden Krise erwartet der Gemeinderat erneut einen massiven Rückgang bei den Steuereinnahmen. «Ich gehe heute davon aus, dass auch 2020 mit einer roten Zahl abschliesst», bestätigte Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) gegenüber Radio RaBe.
Trotz dieser schwierigen Ausgangslage regt sich nun Widerstand gegen die geplanten Sparmassnahmen. Gerade in der Corona-Krise müsse die Stadt Bern ihre nachhaltige und solidarische Politik weiterführen und bei den Sparmassnahmen politische Prioritäten setzen, lässt etwa das Grüne Bündnis (GB) verlauten. «Das Grüne Bündnis ist bereit, finanzpolitische Korrekturen mitzutragen, die den tieferen Steuereinnahmen Rechnung tragen – aber nur, solange diese keinen Sozialabbau und keinen Verzicht auf die dringend nötigen Klimamassnahmen bedeuten», erklärt Rahel Ruch, Co-Präsidentin vom GB. Kritik hagelt es aber auch von bürgerlicher Seite. So stört sich beispielsweise die FDP nach wie vor am grossen Defizit, das der Gemeinderat fürs vergangene Jahr verbuchen musste. «Die Quittung mit dem negativen Rechnungsergebnis trifft die Stadt Bern nun zum schlimmstmöglichen Zeitpunkt», betont FDP-Stadträtin Vivianne Esseiva.
Fest steht: Ganz ohne Sparmassnahmen wird es nicht gehen. Schliesslich ist die Stadt Bern nun genauso wie der Bund und die Kantone gefordert, die negativen sozialen und wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie soweit wie möglich abzufedern und zu versuchen, Arbeitsplätze und Einkommen zu sichern sowie soziale Härtefälle zu vermeiden.
Die detaillierte Liste mit den geplanten Entlastungsmassnahmen des Gemeinderats.
Gemeinsam gegen Rückkehrzentren
Letzte Woche erklärte Sicherheitsdirektor Philippe Müller gegenüber RaBe-Info, der Kanton werde die Umstrukturierungen im Asylwesen wie geplant umsetzen, trotz Corona. Dies bedeutet unter anderem, dass in den kommenden Monaten drei neue sogenannte Rückkehrzentren eröffnet werden – eines in Biel, eines in Aarwangen und eines in Gampelen. Abgewiesene Asylsuchende sollen dort bis zu ihrer Ausschaffung unterkommen, resp. so lange, bis sie selbstständig ausreisen.
Betrieben werden die Zentren von der umstrittenen ORS AG, Beschäftigung gibt es kaum, dafür Präsenzkontrollen, mehrere Dutzend Menschen müssen sich jeweils Küche und sanitäre Anlagen teilen.
Laut dem Solidaritätsnetz Bern diene diese Unterbringung zur Isolation und Zermürbung. Der Verein engagiert sich für Menschen ohne sicheren Aufenthaltsstatus und startet heute eine Kampagne um zu verhindern, dass Menschen in diese Rückkehrzentren transferiert werden. Unter gewissen Umständen erlaubt es der Kanton nämlich, dass Betroffene bei Privatpersonen wohnen dürfen. Wie das genau geht erklären Cédric Grützner und Matthias Rysler im Interview mit RaBe-Info.
«Es isch okay»
Im heutigen Radioblog spricht sich der junge Slam Poet Kay Wieouimmer gegen Selbstoptimierung aus.