Dürfen Unternehmen trotz Kurzarbeit Dividenden an ihre Aktionäre auszahlen? Und soll der Staat die SWISS mit einem Rettungspaket unterstützen? Diese und andere Fragen klären wir in der heutigen Infosendung. Den Podcast gibts hier:
Umstrittene Dividendenausschüttungen trotz Kurzarbeit
Aufgrund der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise haben unzählige Schweizer Unternehmen inzwischen Kurzarbeit beantragt, um Entlassungen zu vermeiden. Viele Unternehmen haben angekündigt, deswegen dieses Jahr auch keine Dividenden auszuschütten, sprich keine Gewinne an die Aktionär*innen auszuzahlen. Viele andere Unternehmen wiederum sehen darin kein Problem: Die Medienkonzerne NZZ oder TX Group, aber auch Sika AG oder Adecco beispielsweise wollen Dividenden ausschütten oder haben das bereits getan, obwohl sie gleichzeitig beim Staat Kurzarbeit beantragt haben.
Laut Peter Viktor Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern, ist dieses Vorgehen durchaus legal. Der Bundesrat habe den Unternehmen diesbezüglich keine Einschränkungen gemacht. Zudem sei die Auszahlung auch in dem Sinne nachvollziehbar, als dass es sich bei den Dividenden um Gewinne des letzten Jahres handle.Eine andere Frage sei allerdings, ob es angesichts der wirtschaftlich unsicheren Zukunft legitim sei, jetzt Gewinne an die Aktionär*innen auszuschütten. Rechtlich gesehen habe der Verwaltungsrat eine Sorgfaltspflicht, welche ihm gebiete, aufgrund der unsicheren Lage mit allfälligen Gewinnen möglichst sorgsam umgehen. Gelder auszuschütten, welche die Unternehmung, die Arbeitnehmenden und die Gläubiger*innen brauchten, sei nicht opportun.
Zudem sei es besonders für diejenigen Unternehmen, welche in der Öffentlichkeit stünden, schon aus Eigeninteresse derzeit ratsamer, auf Dividendenzahlungen zu verzichten, weil es den normalen Bürger*innen wohl kaum einleuchte, dass man Gelder vom Staat beziehe und gleichzeitig Gewinne an die Aktionär*innen ausschütte.
Frankreich und Dänemark gehen hier einen anderen Weg. Sie verbieten Unternehmen, welche auf staatliche Hilfe angewiesen sind, die Ausschüttung von Dividenden. Peter Kunz erachtet dies als zu starken staatlichen Eingriff. Zudem befürchtet er, dass wenn Unternehmen dazu gezwungen würden, auf Dividendenzahlungen zu verzichten, sie allenfalls eher Arbeitnehmende entlassen würden, als Kurzarbeit zu beantragen.
Die Thematik der Dividenden wird nächste Woche im Rahmen der Sondersession auch das Parlament beschäftigen. Von linker Seite wurden dazu bereits Vorstösse angekündigt. Und heute früh hat die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates mit 19 zu 5 Stimmen eine Motion zuhanden des Bundesrates beschlossen. Diese fordert, dass Unternehmen, welche Kurzarbeit beantragt haben, keine Gewinne ausschütten dürfen.
Massive Kritik an SWISS-Rettungspaket
Gestern wurde bekannt: Wegen der anhaltenden Coronakrise will der Bundesrat die Fluggesellschaft SWISS offenbar mit rund 1.5 Milliarden CHF unterstützen – das belegen Recherchen des Tagesanzeigers. Eine weitere halbe Milliarde ist zudem für flugnahe Betriebe vorgesehen, so beispielsweise für die Flugsicherung oder die Bodenabfertigung.
Laut dem Tagesanzeiger kommt das finanzielle Rettungspaket in Form von Bank-Krediten, für die der Bund bürgt. Das heisst, eine entsprechende Rückzahlung hängt davon ab, ob die SWISS künftig wieder Gewinne schreibt oder nicht.
Obwohl der Bundesrat seinen Entscheid wohl erst heute Nachmittag an seiner obligaten Pressekonferenz bekannt gibt, wurde gestern bereits viel Kritik laut. So zeigt sich etwa der Klimastreik Schweiz entsetzt darüber, dass der Bundesrat der Swiss mit 1.5 Milliarden Franken unter die Arme greifen will, ohne dabei konkrete ökologische Vorhaben mit einzubeziehen. Jan Burckhardt (18) vom Klimastreik hält gegenüber Radio RaBe fest: «Rettungsaktionen des Bundesrats dürfen keinesfalls dazu führen, ein weiteres ungebremstes Wachstum des Flugverkehrs zu fördern. Stattdessen muss die Flugbranche auf ein klimaverträgliches Niveau zurückgebaut werden.»