Die Themen des heutigen Infos: Was das Bundesgericht über einzelne Artikel des neuen Berner Polizeigesetzes entschied, wie die Pfadi versucht, das Vereinsleben aufrechtzuerhalten, und warum es den Tag der Arbeit noch immer braucht.
Podcast der ganzen Sendung:
Bundesgerichtsurteil zum Berner Polizeigesetz
Das neue Polizeigesetz des Kantons Bern hat einen langen Weg hinter sich. Erst wurde seine Totalrevision im Grossen Rat mit 123 zu 23 Stimmen klar gutgeheissen. Dann ergriff ein Komitee aus links-alternativen Kreisen und Fahrenden-Organisationen das Referendum. Das bernische Stimmvolk winkte das umstrittene Gesetz durch mit über 76% Ja-Stimmen – trotzdem trat es Anfang dieses Jahres nur teilweise in Kraft. Denn ein Zusammenschluss aus 21 Einzelpersonen und Gruppierungen (darunter z.B. humanrights.ch, schäft qwant und die Kirchliche Gassenarbeit) zog wegen mehreren umstrittenen Gesetzesartikeln bis vor Bundesgericht. Gestern fällte dieses sein Urteil.
Artikel 54 ff: Kostentragung bei Veranstaltungen mit Gewalttätigkeiten
Das Bundesgericht schätzt diesen Artikel als verfassungkonform ein. Das heisst, dass die Kosten für Polizeieinsätze in Zukunft den Organisator*innen von Demonstrationen aufgebrummt werden können. Bis zu 30’000 Franken müssen diese berappen, wenn sie Bewilligungsauflagen vorsätzlich oder fahrlässig nicht einhalten. Das Gericht schmetterte den Einwand ab, dass eine solche Praxis die Meinungsäusserungsfreiheit gefährden könnte.
Zumindest in der Stadt Bern ist in diesem Zusammenhang aber noch nicht das letzte Wort gesprochen. Zurzeit befindet sich deren Kundgebungsreglement nämlich in Teilrevision, das Grüne Bündnis und die Junge Alternative JA! setzen sich dafür ein, dass Artikel 54ff PolG in der Stadt nicht angewandt wird.
Artikel 83 (auch genannt «Lex Fahrende»): Wegweisung und Fernhaltung
Dieser Artikel sah vor, dass Fahrende, welche ohne Einwilligung der Besitzerin auf einem Gelände Halt machen, innerhalb von 24 Stunden von der Polizei weggewiesen werden können – ohne rechtliche Anhörung. Im Gesetzesartikel war nur von «campieren» die Rede, trotzdem war offensichtlich, dass er auf die Lebensweise von fahrenden Völkern wie Sinti, Roma und Jenischen abzielte.
Bereits in der Parlamentsdebatte äusserte sich der Regierungsrat sehr kritisch gegenüber einer solchen Regelung., trotzdem integrierte der Grosse Rat diese ins neue Berner Polizeigesetz.
Den Entscheid machte das Bundesgericht nun rückgängig: Die Schweiz müsse die Lebensweise der Fahrenden schützen. Die repressiven Bestimmungen, die praktisch keinen Rechtsschutz vorgesehen hätten, verletzten elementare Grundrechte. Das Bundesgericht hat die «Lex Fahrende» daher vollumfänglich aufgehoben.
Artikel 118 ff: Observation – Voraussetzung, Inhalt und Genehmigung
Das neue Polizeigesetz verleiht der Kantonspolizei weitgehende Kompetenzen in Sachen Observation. So dürfen Menschen ohne begründeten Verdacht und ohne richterliche Genehmigung bis zu einem Monat lang beschattet werden. Das Bundesgericht schritt nur ein bei der Frage WIE diese Observation stattfinden darf: GPS-Geräte dürfen entgegen dem von Parlament und Stimmvolk abgesegneten Gesetz in diesem Zusammenhang nicht verwendet werden.
Pfadi in Zeiten von Corona
Die Pfadi Schweiz ist eine der grössten Jugendvereingungen in der Schweiz. Über 40`000 Kinder gehören einer Pfadigruppe an. Corona hat die herkömmlichen Aktivitäten der Pfadi bis auf weiteres lahm gelegt. Mit sogenanntem #Homescouting versuchen Pfadileiter*innen das Vereinsleben dennoch aufrecht zu halten. Unter dem #Homescouting werden Spielideen gesammelt, die im und ums Haus herum möglich sind. Laut Daniela Diener vom Pfadi Bund Schweiz steht das Programm auch Kindern offen, die sonst nicht in der Pfadi sind. Mit Homescouting wollen sie den Kindern weiterhin eine spannende Freizeit bieten und auch die Eltern entlasten. Aktuell zeigt sich der Pfadi Bund Schweiz noch zuversichtlich, dass die Sommerlager im Juli durchgeführt werden können.
1.Mai: Jetzt erst recht!
Morgen ist Tag der Arbeit, also der Tag an dem auf der ganzen Welt Millionen Arbeitnehmende auf die Strasse gehen, um für ihre Rechte einzustehen. Grossdemonstrationen können dieses Jahr offensichtlich nicht stattfinden – die Gewerkschaften haben deswegen verschiedene Online-Aktivitäten angekündigt.
Unter dem Motto «Solidarität, jetzt erst recht!» präsentiert der Schweizerische Gewerkschaftsbund SGB auf mai2020.ch ein vielfältiges Programm mit Reden, Workshops und Aktionen, welche auf Balkonen und am Fenster durchgeführt werden können.
Die Corona-Krise sei eine starke Belastung für viele Arbeitnehmende, erklärt Urban Hodel, Co-Verantwortlicher Kommunikation beim SGB. Wegen Kurzarbeit müssten viele Menschen auf einen Teil ihres Lohnes verzichten, obwohl ihre Anstellungsbedingungen bereits davor schon prekär gewesen seien. Auch bei der Erwerbslosenquote habe die Corona-Krise bereits ihre Spuren hinterlassen, alleine im März hätten 18’000 Menschen ihre Stelle verloren.
Das letzte Jahr habe mit dem Frauenstreik und der Klimabewegung deutlich gezeigt, dass Strassenproteste noch immer viel bewirken können. «Der 1. Mai ist das Dampfschiff der sozialen Bewegungen, wir brauchen den Tag der Arbeit so lange, wie es auch sozialen Fortschritt braucht», so Hodel im Interview mit RaBe.