Heute im Info: Der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit zeigt unter anderem Schwachstellen der Schweizer Gesetzgebung auf, das Theaterfestival AUAWIRLEBEN findet alternative Vermittlungswege und Rolf Hermann erzählt uns die Geschichte eines Walliser Kampf-Dinosauriers.
Stop Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit!
Trotz Verbesserungen sowohl rechtlicher als auch gesellschaftlicher Art werden LGBTIQ-Personen weltweit nach wie vor verfolgt und diskriminiert. Deswegen findet immer am 17. Mai der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit statt, kurz IDAHOBIT. Das Datum wurde zur Erinnerung an den 17. Mai 1990 gewählt, der Tag an dem die Weltgesundheitsorganisation WHO Homosexualität aus ihrem Diagnoseschlüssel gestrichen hat.
Im Zentrum des diesjährigen IDAHOBITs stehen einmal mehr Hate-Crimes, also Hassdelikte gegen Menschen aus der LGBTIQ-Community. Es gibt in der Schweiz zwar eine LGBT+-Helpline, welche von verschiedenen NGOs getragen wird und welche Meldungen sammelt, von der Polizei werden Hassdelikte gegen homo, bi, inter oder trans Menschen jedoch nicht explizit als solche erfasst. Somit ist das Ausmass der Diskriminierung von LGBTIQ-Personen in der Schweiz auch nicht statistisch belegbar.
Alecs Recher vom Transgender Network Schweiz TGNS spricht im Interview auch über einen Gesetzesentwurf, welchen der Bundesrat im vergangenen Dezember zuhanden des Parlamentes verabschiedet hat. Geht es nach der Regierung, so sollen Erwachsene trans und inter Personen schon bald Geschlecht und Vornamen im Personenstandsregister unbürokratisch ändern lassen können, nicht jedoch Jugendliche und Kinder. Diese bräuchten künftig die Zustimmung beider Elternteile. Falls die betroffenen Jugendlichen im Elternhaus keine Unterstützung erfahren, so seien sie bis zum Erreichen der Volljährigkeit immer wieder mit erzwungenen Coming-Outs konfrontiert. Das TGNS appelliert deswegen an das Parlament das vorgeschlagene Gesetz zu Gunsten von jungen trans Personen zu ändern.
Zum IDAHOBIT finden verschiedene online Veranstaltungen statt, so sammelt zum Beispiel die HABqueer Bern am kommenden Sonntag Comig-Out Geschichten.
Auawirleben: Brief- anstatt Theater-Marathon
Derzeit würde in Bern eigentlich das Theaterfestival AUAWIRLEBEN über die Bühne gehen. Tut es aber nicht. Beziehungsweise, tut es doch ein bisschen, wenn auch in anderer Form. Anstelle eines Theatermarathons haben die Macher*innen eine Briefmarathon lanciert. Wer sich bei AUAWIRLEBEN anmeldet, erhält jeden Tag einen Brief zugeschickt, in welchem in irgendeiner Form auf ein Stück verwiesen wird, das man am Festival hätte sehen können.
So trudelte beispielsweise am vergangenen Dienstag ein Brief ein, der auf ein Zoom-Meeting hinwies, in welchem das belgische Künstler-Duo Silke Huysmans und Hannes Dereere über seine Performance «Pleasant Island» spreche. Die beiden haben 2018 die berüchtigte Insel Nauru vor Australien besucht, wo geflüchtete Menschen in Camps festgehalten werden – die strikte Einwanderungspolitik und der harsche Umgang der australischen Regierung mit geflüchteten Menschen hat traurige Berühmtheit erlangt.
Auch Negar Rezvani sitzt auf Nauru fest. Als 18-Jährige wollte sie aus dem Iran nach Australien fliehen. Die junge Frau wurde allerdings aufgegriffen und lebt mittlerweile unter prekären Bedingungen seit sieben Jahren in einem Internierungslager auf der kleinen Insel. Anstatt dass Negars Erfahrungen nun in der Performance «Pleasant Island» verarbeitet würden, ist die junge Iranerin an diesem Dienstagabend selber im Zoom-Chat anwesend, ebenso wie Abdul Aziz Muhamat, der sechs Jahre lang auf der Insel Manus festgehalten wurde, einer Insel im Norden von Papua-Neuginea. Eindrücklich schildern die beiden ihr Leben in Haft und was die Isolation in der Zwangshaft mit ihnen anstellt.

On isolation & confinement: Abdul Aziz Muhamat, Silke Huysmans & Hannes Dereere, Gebärdendolmetscherin Monika Beyeler, Negar Rezvani (im Uhrzeigersinn)
Mit ihrer Briefaktion haben die Macher*innen von auawirleben einen guten Weg gefunden, wie sie trotz Corona-Misere zumindest ein kleines Stück Festival-Programm zugänglich machen können. Dabei schlagen sie gleichzeitig eine Brücke von den Theaterschaffenden zum Publikum. Das AUAWIRLEBEN-Organisationsteam verschicke nämlich lediglich die Briefe, erzählt Silja Gruner im Interview mit RaBe. Für den künstlerischen Inhalt seien die unterschiedlichen Theaterschaffenden selber zuständig. Entsprechend vielfältig ist denn auch, was da täglich in den Briefkasten flattert. Mal ist es ein Gedicht, dann wieder ein USB-Stick, auf welchem sich extra produzierte Clips befinden oder eben wie im Fall von Silke Huysmans und Hannes Dereere eine Einladung zu einem Zoom-Meeting, das beeindruckt und nachdenklich stimmt.
Silja Gruner spricht im Interview mit RaBe über die auawirleben-Briefaktion:
Radioblog
In unserer freitäglichen Kolumne liest der Walliser Dichter Rolf Hermann aus seinem Buch Eine Kuh namens Manhattan eine Dinosauriergeschichte