Heute im RaBe-Info: Eine „Grüne Welle“ für Fussgänger*innen sorgt für Unmut bei Velofahrenden und Automobilist*innen, wegen Corona kaum noch Abwechslung für Gefängnisinsassen – kein Besuch, keine Arbeit, kein Beschäftigungsprogramm & eine Ausstellung in der unteren Altstadt über ganz persönliche Heldenfiguren.
Neue Ampelregelung bremst Veloverkehr aus
Wer zu Fuss in der Stadt Bern unterwegs ist, muss seit ein paar Tagen nicht mehr auf den roten Knopf drücken, um über die Strasse zu kommen. Denn bei einem Grossteil der städtischen Ampeln leuchtet der bekannte Drücker nun dauerhaft, um unnötige Berührungen zu vermeiden. Eine Massnahme des Berner Gemeinderats, die dazu beitragen soll, das Risiko einer Coronainfektion und einer möglichen zweiten Welle zu minimieren. Was Fussgänger*innen freuen dürfte, stellt für alle anderen Verkehrsteilnehmenden jedoch eine massive Beeinträchtigung dar. Weil die Fussgängerampeln quasi auf „Daueranmeldung“ umgestellt sind, zeigen sie nun deutlich häufiger grün an, während Velofahrende und Automobilisten mit dauerroten Ampeln konfrontiert sind. Von einer „grünen Welle“ für den Strassenverkehr kann derzeit also keine Rede mehr sein. Michael Sutter, Präsident von Pro Velo Bern, hat dafür kein Verständnis: «Mit der neuen Ampelregelung stehen die Ampeln für Velofahrende auch dann auf Rot, wenn gar keine Fusgängerinnen und Fussgänger die Strasse überqueren wollen. Angesichts der Tatsache dass seit Corona immer mehr Menschen aufs Velo umsteigen, macht diese Massnahme schlicht und einfach keinen Sinn. Der Gemeinderat sollte die Veloinfrastruktur ausbauen und nicht ausbremsen.»
In einem offenen Brief fordert Pro Velo Bern den Berner Gemeinderat nun dazu auf, die neue Daueranmeldung für Fussgänger und Fussgängerinnen umgehend rückgängig zu machen. «Die einfachste und zugleich wirkungsvollste Massnahme ist, die Ampeln ausserhalb der Hauptverkehrszeiten mittels „orange blinken“ als Bedarfsanlagen zu betreiben», erklärt Michael Sutter.
Weltweit haben inzwischen zahlreiche Städte rasch gehandelt und ihre Veloinfrastruktur in Windeseile ausgebaut, um dem zusätzlichen Veloaufkommen gerecht zu werden. In der Schweiz haben die Städte bislang jedoch keine coronabedingten Massnahmen zugunsten des Veloverkehrs und des öffentlichen Verkehrs ergriffen. Michael Sutter meint dazu: «Die Stadt Bern gilt als eine der velofreundlichsten Städte der Schweiz. Dieser Ruf eilt ihr momentan allerdings ein wenig voraus.»
Wie lange die roten Knöpfe tatsächlich noch leuchten, steht noch nicht fest. Doch bereits jetzt hat die städische Verkehrsplanung verlauten lassen, dass sie zumindest ein paar der 50 Ampeln wieder zurückprogrammieren will.

Corona im Gefängnis
6900 Personen waren anfangs Jahr in der Schweiz gemäss dem Bundesamt für Statistik in einer Justizvollzugsanstalt inhaftiert, 93.5% aller Haftplätze in der Schweiz sind belegt. In einigen Schweizer Gefängnissen, wie etwa die JVA Champ-Dollon in Genf, gibt es seit Jahren eine dauernde und schwere Überbelegung.
In Gefängnissen leben die Gefangenen sehr nahe miteinander – zu viert in einer Zelle, gemeinsam bei der Arbeit, beim Hofgang und beim Duschen. Als klar wurde, dass Covid-19 nun auch die Schweiz erfasst hat, ging ein Ruck durch die Gefängnisse: Aus Angst vor der Ausbreitung der Krankheit in den Anstalten, wurden die Besuche gestrichen und Risikogruppen isoliert.
Rechtsanwalt Julian Imfeld engagiert sich bei Humanrights.ch für die Rechte von Gefangenen, unter anderem leitet er die Telefonberatung, welche die Menschenrechtsorganisation für Insassen von Schweizer Gefängnissen einmal wöchentlich anbietet. Im Interview mit RaBe erklärt er, dass die Insassen der Vollzugsanstalten verunsichert seien, sie wüssten oftmals nicht, wie lange die Einschränkungen dauern werden und weshalb genau sie von anderen isoliert würden. Risikogruppen würden am meisten unter den Einschränkungen leiden, da sie beschützt würden in dem sie völlig isoliert werden. Keine Arbeit mehr, keine Besuche und keine Freizeitbeschäftigungen. Immerhin hätten einige Gefängnisse mittlerweile Skype eingerichtet und mehr Telefonate als sonst zugelassen.
«Meine ganz persönlichen VIPs»
Seit September 2018 arbeitet Grafiker Adrian Zahn in einem schmucken Atelier an der Postgasse in der Berner Altstadt. Weil sich sein Atelier auch prima als Ausstellungsraum eigne, habe er sich kurzerhand entschlossen, dort nicht nur zu arbeiten, sondern auch Kunstschaffenden eine Plattform zu bieten, welche sonst vielleicht nicht unbedingt eine bekämen, sagt Zahn. So wurde die Galerie Zet2 ins Leben gerufen.
Derzeit sind dort Illustrationen des Berner Grafikers Leo Matkovic (Efentwell) ausgestellt. Die insgesamt neun Porträts zeigen Männer, die Matkovic in irgendeiner Form persönlich oder professionell beeinflusst haben. «Meine ganz persönlichen VIPs», sagt Matkovic. Entsprechend trägt die Serie denn auch den Titel VIP4ME.
Da wären zum Beispiel Robert Smith, der Frontmann der New-Wave-Überväter The Cure oder Robert Del Naja, Kreativkopf der Englischen Trip-Hop-Formation Massive Attack. Nebst Musikern finden sich auch Komiker Bill Hicks und Literaten wie Georg Orwell, Franz Kafka und Charles Bukowski in den Reihen der Porträtierten.
Als Vorlage für die Illustrationen dienten Matkovic Fotos. Allerdings hätten die Linien beim digitalen Zeichnen ein Eigenleben entwickelt, sagt er. Somit sind nicht fotorealistische Abbildungen entstanden, sondern Bilder, die auch das Wesen der Porträtierten miterfassen. In einem letzten Schritt hat Rober Butler die Illustrationen im Siebdruckverfahren zu Papier gebracht, womit ein schöner Brückenschlag von digital zu analog gelang.
Nebst drei Engländern, einem Tschechen und drei US-Amerikanern, hat Matkovic in VIP4ME auch zwei Berner Kunstschaffenden die Ehre erwiesen: Philipp Thöni, seines Zeichens Grafiker und Frontmann bei Unhold, der Metal-Kombo, bei der Matkovic selber eine Zeitlang mittat, sowie Basil Anliker, ebenfalls Grafiker und aber vor allem als Musiker Baze bekannt. Diese beiden Porträts stellten für ihn denn auch gleich den Auftakt zu seiner nächsten Serie dar, sagt Matkovic: VIP4ME Bern Edition. «In dieser Stadt gibt es so viele spannende, kreative Leute, denen man unbedingt ebenfalls eine Hommage erweisen muss.»
VIP4ME, Galerie Zet2, Postgasse 46, Bern, bis 12.6. immer MI – FR 14 – 18 Uhr und SA 6. Juni 11 – 16 Uhr
Leo Matkovic im Interview mit RaBe:
https://www.facebook.com/1518750069/videos/10222399880375361/