Heute im Info fragen wir nach, welchen Einfluss die Pille auf die Emanzipation der Frau hatte und wie sich die gesellschaftliche Wahrnehmung der hormonellen Verhütung in den letzten 60 Jahren veränderte. Und: Wir besuchen eine Ausstellung im Kornhausforum, in deren Zentrum der «Ghüder» steht.
Happy Birthday Pille!
60 Jahre ist es her – da kam in den USA die erste Antibaby-Pille auf den Markt. Sie hiess Enovid und wurde an Frauen abgegeben, welche starke Regelschmerzen hatten. Dass die Pille auch der Verhütung dient, stand bloss im Kleingeschriebenen. «Die Pille von der ersten Sekunde als Kontrazeptivum anzupreisen, schien unmöglich, zu streng waren die gesellschaftlichen Vorstellungen von Anstand und Sitte» schreibt Katrin Wegner in ihrem Buch «Die Pille und ich».
Doch schon bald trat die Pille ihren Siegeszug an, denn sie gab denn Frauen endlich die Möglichkeit, Sexualität frei zu leben, ohne Angst vor ungewollter Schwangerschaft. Mittlerweile seien es weltweit rund 100 Millionen Frauen, die mit der Pille verhüten. Ein lukratives Geschäft, wie auch die Pharmakonzerne bemerkten: Seit etwa Mitte der 90er-Jahre vermarkten sie die Hormone deswegen auch mit dem Versprechen eines optimierten Lifestyles: Schönere Haut, glänzendes Haar und grössere Brüste bringe die Pille mit sich. Laut Katrin Wegner nähmen deswegen auch gut 87 Prozent der 14- bis 17-jährigen Mädchen die Pille nicht in erster Linie wegen ihrer verhütenden Wirkung.
«Abfall national»
Sie sehen alle praktisch gleich aus und sind eigentlich keine Schönheiten: Abfalleimer. Meistens sind sie silbern und auf Hochglanz poliert, manchmal sind sie versprayt oder in Rauch gehüllt, wenn eine Zigarette nicht richtig ausgedrückt wurde.
Rund 700 Kilogramm Abfall verursacht jede Schweizerin und jeder Schweizer pro Jahr, was dem Negativrekord in Europa entspricht. Weil die Schweiz aber grossen Wert auf ein sauberes Auftreten legt, gibts an jeder Ecke Abfalleimer. Die beiden freiberuflich Fotografierenden Carolina Piasecki aus Thun und Peter Keller aus Lugano haben während rund drei Jahren 26 Kantonshauptorte aufgesucht, um dort Abfalleimer zu fotografiert. Während Piasecki von den silbernen Kübeln vertikale Porträtfotos schoss, hat sich Keller in horizontalen Bildern auf die Aktivitäten rund herum fokussiert. Daraus entstanden sind nun insgesamt 40 Bildkompositionen, die bis 25. Juli im Berner Kornhausforum in der Ausstellung «Abfall national» zu sehen sind.
Die Westschweiz sei fotografisch interessanter gewesen für ihr Unterfangen, sagt Carolina Piasecki, weil sich dort viel mehr charmant verlotterte Sujets hätten finden lassen. Hingegen sei es in der akkurat herausgeputzen Ostschweiz nicht immer ganz einfach gewesen, überhaupt einen Mülleimer zu finden. Dass die Schweiz so sauber daherkomme, obwohl unsere Wegwerfgesellschaft einen enormen Müllberg produziere, habe in erster Linie damit zu tun, dass es eine äusserst zuverlässige Infrastruktur gebe, die quasi unsichtbar agiere, sagt Keller. «Die Mülleimer sind nur die Botschafter für all die Menschen, welche diese Infrastruktur stützen. Und genau diesen Menschen wollen wir unsere Ausstellung widmen.»
Carolina Piasecki und Peter Keller im Interview mit RaBe:
«Abfall national», Kornhausforum, 2. Stock, bis 25. Juli 2020