Heute im RaBe-Info: Kritik von links bis rechts am neuen Freihandelsabkommen, eine berührende Fotoausstellung auf dem Berner Bahnhofplatz und ein Slogan der viral geht.
Podcast der ganzen Sendung:
Kanton Bern und das Mercosur-Freihandelsabkommen
Das Freihandelsabkommen zwischen den Mercosur-Staaten und der EFTA steht kurz vor der Vollendung. Mercosur, das ist ein Verband von lateinamerikanischen Staaten: Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. EFTA auf der anderen Seite des Verhandlungstisches ist die europäische Freihandelsassoziation, sprich Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz.
Kommt das Abkommen zu Stande, so verpflichten sich die teilnehmenden Staaten, Handelshemmnisse wie zum Beispiel Zölle zu senken. Das heisst konkret: Mehr billiges Pouletfleisch aus Brasilien auf Schweizer Tischen, dafür mehr Schweizer Medikamente in den Apotheken Argentiniens.
Das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO preist denn auch das Freihandelsabkommen auf seiner Webseite: «Die Schweiz verfügt nur über einen begrenzten Binnenmarkt. Um Wachstum und somit Wohlstand garantieren zu können, ist Zugang zu anderen Märkten für unsere Unternehmen und damit für Schweizer Arbeitsplätze überlebenswichtig.»
Anders sehen dies verschiedene Parteien und Verbände von Links bis Bürgerlich. Sie kritisieren, dass das Mercosur-Abkommen kaum nachhaltig sei, da es unter anderem zur Abholzung des Amazonas beitragen würde.
Mehrere Grüne, darunter auch Neu-Nationalrat Kilian Baumann, haben deswegen auf kantonaler Ebene eine Motion eingereicht – heute nun ist diese Thema in der Session des Grossen Rates. «Ich bin stark der Meinung, dass das Mercosur-Abkommen dem Referendum unterstellt werden muss, sprich dass die Schweizer Bevölkerung darüber abstimmen kann, ob sie noch mehr Fleisch und Soja aus Südamerika importieren möchte», sagt Baumann im Interview mit RaBe.
Wir haben bereits mehrmals über das Mercosur-Abkommen berichtet, so zum Beispiel über dessen Konsequenzen auf Indigene Gemeinschaften, über das Tierwohl in Südamerika und über die Auswirkungen eines Freihandelsabkommens auf Kleinbäuer*innen.

Abholzung für mehr Landwirtschaft: Eine mögliche Konsequenzen eines Freihandelsabkommens mit den Mercosur-Staaten.
Fotoausstellung «Seenotrettung»
Diesen Samstag haben Freiwillige die Fotoausstellung Seenotrettung von SOS Mediterranée Schweiz auf dem Bahnhofplatz Bern aufgebaut. Sie ist eine Aktion des Projektes «Beim Namen nennen». Die Stadt Bern ist ideelle und finanzielle Mitträgerin, neben 112 weiteren Organisationen, Kirchgemeinden und Pfarreien.
Die Fotoausstellung zeigt in 30 grossformatigen Bildern Situationen aus dem Alltag der Seenot-rettung auf dem Mittelmeer. Sie gibt einen eindrücklichen Einblick in die schier unvorstellbare Not von schiffbrüchigen Flüchtlingen, die Verhältnisse auf dem Rettungsschiff, die Arbeit der ärztlichen Versorgung und in Momente der Ankunft in einem Hafen. Konzipiert und realisiert wurde sie von Isabelle Descombes und 2019 erstmals am Quai Wilson in Genf gezeigt.
Beim Versuch nach Europa zu gelangen sind seit 1993 mindestens 39’000 Menschen gestorben – Männer, Frauen, Jugendliche, Kinder & Babys. Die meisten von ihnen sind im Mittelmeer ertrunken, andere wiederum wurden an den Grenzübergängen erschossen. Ebenso gross ist die Anzahl derjenigen, die derzeit an den Aussengrenzen Europas und in Nordafrika unter katastrophalen Bedingungen in den Flüchtlingscamps ausharren. Besonders auf den griechischen Inseln gestaltet sich die Situation dramatisch – zusätzlich verschärft durch die Corona-Pandemie. Seit die EU und die italienische Regierung mit Mare Nostrum die Seenotrettung im Mittelmeer Ende 2014 faktisch beendet haben, helfen vor allem private Initiativen den Menschen in Seenot. Eine davon ist SOS Mediterranée, die seit 2015 rund 30‘000 Geflüchtete aus Seenot gerettet hat.
Im Beitrag sprechen wir mit Eva Ostendarp (SOS Mediterranée Schweiz) über die aktuelle Situation auf dem Mittelmeer und die Doppelmoral der EU, mit Jojo Schulmeister (evakuieren-jetzt.ch) über die dramatische Situation in den Flüchtlingscamps auf den griechischen Inseln verschärft durch rechtsextreme Attacken und Corona, mit Alec von Graffenried (Stadtpräsident Bern) über das Engagement der Stadt Bern und mit Louise Schneider (Friedensaktivistin) über die Doppelmoral der Schweiz.
Sensibilisierungskampagne von Kulturschaffenden
Obwohl das erste mal seit drei Monaten wieder kulturelle Veranstaltungen durchgeführt wurden dieses Wochenende, haben gerade jetzt vierzehn Kulturorganisationen die schweizweite Kampagne „Kultur ist mein Beruf“ gestartet. Auf ihrer Webseite wollen die Initiant*innen sichtbar machen, wie viele Menschen von Kultur leben und nun stark betroffen sind von den finanziellen Einbussen durch Corona. Das Problem sei nicht nur, dass Projekte ausgefallen sind während dem Lockdown, sondern dass die Branche weiterhin unter Social Distancing und mit weniger Geld im sowieso schon kleinen Kulturbudget arbeiten werden müsse, sagt die Gschäftsleiterin von Danse Suisse, Liliane Heldner Neil stellvertretend für die Initiant*innen der Kampagne im Interview mit Noëlle Grossenbacher. Der Bundesrat wurde von den Initiant*innen dazu aufgerufen, ihre Auffangmassnhmen deshalb nicht gleich wieder zu stoppen. Viele Kulturschaffende hätten momentan Probleme, Erwerbsersatz zu erhalten, da sie nicht entweder selbständig oder angestellt sind, sondern eine spezielle Arbeitsform mit kulturellen Engagements und Projekten haben. Wichtig sei die Solidarisierung untereinander im Kulturbusiness, auch wenn man verschiedene Ausdrucksformen hinter und auf der Bühne habe.