Im RaBe-Info geht’s heute um das grösste kantonale Waldreservat, um die gestrige „Stop-Isolation-Demo“ in Bern und um den umstrittenen äthiopischen Ministerpräsidenten und Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed.
Podcast der ganzen Sendung:
Grösstes Berner Waldreservat auf der Zielgeraden
Das bisher grösste Waldreservat im Kanton Bern soll am Grünenbergpass, zwischen Niederhorn und Hohgant im Berner Oberland entstehen. Es ist 4500 Hektaren gross, sprich etwas kleiner als das Gemeindegebiet der Stadt Bern. Zwei Drittel davon sind effektiv Wald und ein Drittel Moorflächen und Felsen. Kommt das Waldreservat zustande, wird die wirtschaftliche Nutzung in Teilgebieten gänzlich verboten und in Teilgebieten stark eingeschränkt.
Die Kantonsregierung hat den notwendigen Kredit von 3,7 Millionen Franken genehmigt, ebensoviel wird der Bund zusätzlich beisteuern. Eingesetzt werden die Gelder einerseits für die Entschädigung der Waldbesitzenden, aber auch für die Renaturierung des Waldes, so der Berner Umweltdirektor Christoph Ammann. Was noch aussteht ist die Zustimmung des Parlaments zum Kredit und die Zustimmung der Waldbesitzenden. Mit diesen habe der Kanton bereits Vorgespräche geführt. Willigen Sie in den Vertrag ein, verpflichten sie sich, den Wald in den nächsten 50 Jahren nur noch stark eingeschränkt wirtschaftlich zu nutzen. Der Kanton Bern handelt hier im Auftrag des Bundes, welcher im Rahmen seiner Walpolitik 2020 von den Kantonen verlangt, bis 2030 ein Zehntel der Waldgesamtfläche im Kanton in Waldreservate umzuwandeln. Kommt das Waldreservat am Grünenbergpass zustande, hätte der Kanton Bern bereits die Hälfte der Bundesvorgaben umgesetzt. Dennoch bezeichnet Christoph Ammann die Bundesvorgaben als ambitioniertes Ziel.
Rund eine Drittel der Gesamtfläche des Kantons Bern ist heute bewaldet und die Wald- und Holzwirtschaft ist mit ihren rund 13 000 Beschäftigten ein wichtiger Arbeitgeber im Kanton. Vor diesem Hintergrund sei es tatsächlich eine Herausforderung, 10% der Gesamtfläche in Waldreservate zu verwandeln. Dennoch zeigt sich Ammann zuversichtlich, die Vorgaben des Bundes in den nächsten zehn Jahren erfüllen zu können.
«Philippe Müller juckt es nicht»
Die Gruppe Stop Isolation vom Migrant Solidarity Network hat gestern erneut gegen die restriktive Politik im Asylbereich demonstriert. Personen mit negativem Asylentscheid kämpfen für bessere Lebensumstände. Mit der Neuorganisierung des Asylbereichs habe sich die Situation für abgewiesene Asylsuchende nochmals verschlechtert, so die Kritik. Balkone wurden geschlossen, die Anwensenheit im Heim wird zweimal täglich kontrolliert, Hygienemasken verweigert und es darf kein Besuch empfangen werden. Manche Betroffene leben über zehn Jahre lang unter diesen Umständen. Mit einem Brief an den zuständigen Migrationsdienst wenden sich Betroffene an die Behörden. Beim letzten Protest zündete sich ein Betroffener selbst an, um sich das Leben zu nehmen. Sicherheitsdirektor Philipp Müller bezeichnete dies als „inszenierte Show“. Für die Betroffenen bringt diese Aussage das Fass zum Überlaufen. Obwohl schon mehrere Gespräche stattgefunden haben mit dem SEM und dem Migrationsdienst, habe man keine Verbesserungen wahrgenommen. Unsere Redaktorin Noëlle Grossenbacher war gestern vor Ort und konnte mit einem der Aktivisten, Saeed Farhondeh, sprechen. Eigentlich ein ganz normaler junger Erwachsener, doch seine Lebensumstände sind durch den negativen Asylentscheid deutlich erschwert. Zweimal schon musste er die Lehre abbrechen, weil er keine Arbeitsbewilligung bekommen hat. Zusammen mit seiner Familie lebt er im Rückkehrzentrum Aarwangen, sechs Franken hat er pro Tag zur Verfügung. Dies reicht nicht einmal für ein Zugticket von Aarwangen nach Bern. Doch entgegen dem Prinzip der Nothilfe ist seine Familie, wie viele andere Betroffene mit negativem Asylentscheid, nicht nur vorübergehend hier. Saiid Farhonde und seine Geschwister gingen in der Schweiz zur Schule, bereits seit sieben Jahren leben sie mit dem Negativentscheid im Kanton Bern.
Vom Hoffnungsträger zur grossen Enttäuschung
Vor gut zwei Jahren wurde Abiy Ahmed Ali zum Ministerpräsidenten Äthiopiens gewählt. Seit Beginn seiner Amtszeit lasten grosse Erwartungen auf ihm – er werde den Vielvölkerstaat endlich einen und in eine prosperierende Zukunft führen, analysierten Expert*innen. Und Abyi bewies sich auch: Er suchte den Frieden mit Eritrea, liess politische Gefangene frei und vergab viele Schlüsselpositionen in der Regierung an Frauen. Für seinen Einsatz erhielt er im vergangenen Jahr sogar den Friedensnobelpreis.
Seither hat sich der Wind im Land jedoch gedreht. Proteste gegen die Ermordung eines beliebten Musikers schlug Abyi gewaltsam nieder, Tausende wurden verhaftet, faire Gerichtsverhandlungen gab es in diesem Zusammenhang bis anhin nicht. Deswegen kommt zu den überlieferten Zerwürfnissen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppierungen nun auch der Unmut seiner eigenen Ethnie hinzu. Sogar in Bern gibt es heute Nachmittag eine Demonstration gegen die Menschenrechtsverletzungen in Äthiopien. «Seit der Ermordung Hachalus im Juni ist es der Regierung unter Abiy Ahmed Ali nicht gelungen, die Erwartung als Friedensbringerin zu erfüllen», sagt Annette Weber, Äthiopien-Expertin bei der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin, im Gespräch mit RaBe.
Das Nachrichtenportal Watson berichtete auch ausführlich über die Lage in Äthiopien, hier geht es zu einem Artikel von Philipp Aerni, Direktor des Zentrums für Unternehmensverantwortung und Nachhaltigkeit.