Heute im Info: Was es bedeutet, wenn Kurier*innen von UberEats Arbeitsverträge erhalten, was es bedeuten würde wenn die Begrenzungsinitiative der SVP an der Urne erfolgreich wäre und was es mit den Orient Express Filmtagen auf sich hat…
UberEats in Genf stellt seine Fahrer*innen an
Kurier*innen des US-amerikanischen Tech-Giganten UberEats liefern Essen aus und das bis anhin weltweit ohne Arbeitsvertrag und Versicherungen. Als Folge davon hat wer zum Beispiel krank wird oder verunfallt, kein Auffangnetz zur Verfügung. «Gig-Economy» heisst dieser Teil des Arbeitsmarkts, bei welchem Selbstständige kurzfristig Aufträge übernehmen.
Seit Jahren kämpfen verschiedene Gewerkschaften dafür, dass Uber seine Fahrer*innen anstellt, dass das Unternehmen vor dem Gesetz als herkömmlicher Personalverleih gilt. Nun verzeichnen sie zum ersten Mal weltweit einen Erfolg: Gestern gab UberEats bekannt, dass seine Angestellten im Kanton Genf Arbeitsverträge erhalten. «In den restlichen 25 Kantonen arbeiten die UberEats-Fahrer*innen aber weiterhin als Schein-Selbstständige» kritisiert Matthias Loosli, Mediensprecher Logistik bei der Gewerkschaft Syndicom. Der Entscheid des Konzerns sei auch ein Eingeständnis – UberEats anerkenne damit, dass seine Kurier*innen Angestellte seien. «Die neue Regelung in Genf hat Signalwirkung. Die restlichen Kantone sind nun in der Pflicht, die Fahrer*innen zu ihrem Recht auf Sozialabgaben und zu anständigen Löhnen zu verhelfen».
Abstimmung: Begrenzungsinitiative
Am 27. September stimmt die Schweiz über die Initiative für eine massvolle Zuwanderung ab. Besser bekannt ist sie als «Begrenzungs- oder Kündigungsinitiative», weil eben die Personenfreizügigkeit mit der EU auf dem Spiel steht.
Dieses Szenario besorgt vor allem diejenigen Schweizer Branchen, welche stark auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sind – und das sind viele.
Wird die Begrenzungsinitiative angenommen und die Personenfreizügigkeit mit der EU gekündigt, muss die Wirtschaft wieder mit Kontingenten arbeiten und für jede einzelne Arbeitskraft eine Bewilligung beantragen. Die Branchenvertreter*innen aus Hotellerie, Bau und Pflege warnen nicht nur vor drohendem Arbeitskräftemangel, sondern auch vor den bürokratisch höchst aufwändigen Verfahren für die Rekrutierung von Arbeitskräften.
Die jahrelangen Erfahrungen mit Kontingenten und Saisonnierstatut hätten zur Genüge gezeigt, dass dieses System nicht funktioniere, betont der Präsident des Schweizer Hotellerie-Verbandes HotellerieSuisse Andreas Züllig.
Rund 40-45% der Arbeitskräfte in der Hotellerie kommen im Schnitt aus dem Ausland, die meisten von ihnen aus der EU. Noch stärker auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen ist die Schweizer Baubranche. Im Bauhauptgewerbe stammen rund zwei Drittel der Arbeitskräfte aus dem Ausland, rund 85% davon aus EU-Staaten.
Würde die Personenfreizügigkeit mit der EU wegfallen, hätte dies nicht nur für die Arbeitgebenden verheerende Konsequenzen, sondern vor allem auch für die Arbeitnehmenden, erklärt Chris Kelley, Co-Leiter Sektor Bau bei der Gewerkschaft UNIA . Denn mit der Personenfreizügigkeit würden auch die flankierenden Massnahmen fallen, die heute dafür sorgen, dass landesübliche Löhne gezahlt und die Arbeitnehmendenrechte gesichert werden. Ein Wegfall führe zu weniger Kontrollen, schwächeren Gesamtarbeitsverträgen, steigender Schwarzarbeit und Lohndumping, sowohl bei den inländischen als auch bei den ausländischen Arbeitnehmenden.
Neben Baugewerbe und Hotellerie blickt auch der Schweizer Berufsverband der Pflegefachpersonen mit Sorge auf die Abstimmung zur Begrenzungsinitiative. Obwohl sie keine offizielle Abstimmungsparole rausgeben, wären auch der Pflegebereich stark von einer Beschränkung der Zuwanderung betroffen. Laut der Leiterin Pflegeentwicklung Roswita Koch bildet die Schweiz nur knapp die Hälfte des Bedarfs an Pflegefachpersonen selber aus, weshalb man stark auf Kolleg*innen aus dem Ausland angewiesen sei. Insgesamt sei der Personalmangel im Gesundheitswesen enorm hoch mit rund 10 000 unbesetzten Stellen, so Roswita Koch.
Die Schweiz brauche Zuwanderung und die Wirtschaft brauche einfache Zulassungsverfahren, weil es mehrheitlich ausländischen Arbeitskräfte seien, welche dafür sorgen, dass hier Strassen und Häuser gebaut, ältere Menschen gepflegt und Hotelgäste bekocht werden, und all das möglichst zu fairen Löhnen und Arbeitsbedingungen, sind sich die Branchenvertreter*innen einig.
Andreas Züllig warnt vor weiteren Konsequenzen der Begrenzungsinitiative: Fällt die Personenfreizügigkeit, fallen sämtliche bilateralen Verträge mit der EU wie beispielsweise das Luftverkehrs-, und das Forschungsabkommen, das Schengen-Dublin-, und das Landwirtschaftsabkommen. Dass die Schweiz die bilateralen Verträge aufrechterhalten könne, während sie gleichzeitig die Personenfreizügigkeit aufkündige, hält Züllig für komplett unrealistisch.
Das letzte Wort zur Begrenzungsinitiative und zur Zukunft des Verhältnisses zwischen der Schweiz und der EU hat das Schweizer Stimmvolk am 27. September 2020.
Orient Express Filmtage
Eine Brücke schlagen zwischen Ost und West, das sei das Ziel der Orient Express Filmtage sagt Mitorganisator und Regisseur Aydin Sevinc. Im Zentrum des Festivals stehen Filme aus der Türkei resp. Kurdistan, welche von Unterdrückung und Heimatlosigkeit erzählen aber auch Hoffnung und Liebe thematisieren.
«Konflikte, Vertreibung, Migration, Stadtlosigkeit, Patriarchat, Soziale Bewegung, Kultur, Drama, Liebe und Comedy – an den Orient Express Filmtagen zeigen wir eine breite Palette an kritischem und unabhängigem Filmschaffen», so Sevinc. Trotzdem verstehen sich die Orient Express Filmtage nicht als genuin politische Veranstalter*innen. «Die Filme, die wir zeigen, erzählen bereits sehr viel. Diese Plattform zu bieten reicht für uns, unser „Blabla“ braucht es somit gar nicht», sagt der Regisseur.
Die Orient Express Filmtage finden von heute Mittwoch 2. September bis am Sonntag, den 6. September im Kino Rex statt. In 11 Programmen werden 16 Produktionen – Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme – aus der Türkei präsentiert, am Samstag mit Podiumsveranstaltung «Kino in der Türkei und staatenloses Kino».
Es wird darum gebeten, den Vorverkauf zu nutzen, resp. im Vorfeld an der Kasse des Kino Rex’ in der Schwanengasse Tickets zu kaufen.