Ein problematischer Sprachgebrauch im Bezug auf rechtliche Begriffe, eine Kampagne zugunsten von weniger Unfällen mit Kindern und eine zu Unrecht unterschätzte Strasse im Westen Berns. Das sind die Themen im heutigen RaBe-Info.
Femizide sind keine «Verbrechen aus Leidenschaft»
Monatlich sterben schweizweit durchschnittlich zwei Frauen an den Folgen von häuslicher Gewalt. Inzwischen haben Politik und Behörden reagiert und ein ganzes Bündel neuer Massnahmen, Erhebungen und Forschungen angestossen.
Bis heute ungelöst ist jedoch ein Problem, welches im Sprachgebrauch verankert ist. Im Tessin und in der Westschweiz nämlich werden Tötungsdelikte an Frauen oft als «Verbrechen aus Leidenschaft» bezeichnet. Grund dafür ist, dass weder das Französische noch das Italienische den juristischen Begriff «Totschlag» kennt. Im Deutschen bezeichnet Totschlag einen Mord im Affekt, der ungeplant aus dem momentanen, emotionalen Gemütszustand resultiert, was gerade bei Tötungsdelikten im familiären Umfeld sehr häufig der Fall ist. Im Französischen heisst Totschlag «meurtre passionell», im Italienischen «omicidio pasionale» – beide enthalten das Wort Leidenschaft.
Deshalb fordert die Tessiner SP-Ständerätin Marina Carobbio in einer Interpellation, welche der Ständerat heute behandelt, dass der Bundesrat stattdessen den Begriff „Femizid“ gezielt fördere, welcher Tötungsdelikte an Frauen und Mädchen aufgrund ihres Geschlechtes deutlich benenne. Wenn in Diplomatie und Medien von Femiziden gesprochen werde, könne man der Verharmlosung von Gewaltdelikten an Frauen entgegenwirken. Zudem fordert Carobbio in einer Motion, welche der Ständerat nächste Woche behandelt, dass im Strafrecht die Begriffe «meurtre passionell» und «omicidio pasionale» durch neutrale Begriffe ersetzt werden. Eine ähnlich lautende Motion von Greta Gysin von den Grünen liegt im Nationalrat. Dort schreibt der Bundesrat in seiner Antwort, er sehe zu wenig triftige Gründe, welche eine Änderung des Strafrechts rechtfertigen würden. Das deutsche Wort «im Affekt» werde nun mal mit «état passionnel» auf Französisch, und mit «stato passionale» auf Italienisch übersetzt, weshalb er dessen Gebrauch im Strafrecht als korrekt erachte. Was die eidgenössischen Räte in diesen Fragen beschliessen, bleibt abzuwarten.
Hohe Zahl an Velounfällen mit Kindern
Ob im Veloanhänger oder auf dem Velo-Kindersitz: Beim Transport auf dem Velo können Kinder früh Fahrtwind schnuppern und Freude am Velofahren entwickeln. Gleichzeitig werden jedes Jahr durchschnittlich 8500 Kinder bei Unfällen auf Schweizer Strassen verletzt. Besonders oft passiert das beim Transport auf dem Velo mit einem Kindersitz oder in einem Anhänger. «Solche Unfälle lassen sich mit ein paar wenigen Vorkehrungen verhindern», betont Marc Kipfer, Medienverantwortlicher der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). aus diesem Grund hat die BFU ihr Engagement im Bereich Produktesicherheit ausgeweitet und eine umfangreiche Informationskampagne für Eltern lanciert.
Im Interview mit RaBe erklärt Marc Kipfer, wie die hohe Zahl an Unfällen zustande kommt:
«Den Menschen ein Gesicht geben»
Das im städtischen Vergleich kleine Quartier Holligen zwischen Inselspital und Bümpliz wandelt sich so rasant wie kein anderes Quartier. Gleich an mehreren Orten, wie zum Beispiel im Warmbächli, entstehen derzeit neue Überbauungen mit rund 900 neuen Wohnungen, die Platz für bis zu 2000 zusätzliche Bewohner*innen bieten. Eine Entwicklung, die sowohl Chancen als auch Risiken birgt. Denn mit der steigenden Attraktivität des Quartiers, könnten längerfristig auch die Mietpreise steigen. Und das wiederum hätte Auswirkungen auf die ausgesprochen bunte und multikulturelle Durchmischung des Quartiers.
In ihrer Fotoreportage «Entlang der Schlossstrasse» macht die im Quartier lebende Fotografin Viviane Stucki auf diese Vielfalt aufmerksam. Denn die Schlossstrasse, die als eine der längsten und lautesten Strassen Berns gilt und über eineinhalb Kilometer im Stil eines Boulevards mitten durch das Holligenquartier verläuft, bekommt ansonsten unterdurchschnittlich wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Genauso ergeht es auch ihren Anwohner*innen und Gewerbeschaffenden, von denen ein Grossteil Migrationshintergrund aufweist. Mit ihrer Arbeit möchte Viviane Stucki diesem bunten Mix von Menschen ein Gesicht geben, indem sie ihre Lebensräume und Arbeitsstätten zeigt, ihre Geschichten präsentiert und die kulturelle Vielfalt hinter den Fassaden sichtbar macht. Die dabei entstandenen Portraitfotografien von den Menschen und den Geschäften bilden dabei aber nur einen Teil der Ausstellung. Gemeinsam mit Prisca Granacher Büchler vom Quartierverein Holligen-Fischermätteli realisierte sie zusätzlich mehrere Interviews mit Leuten aus den unterschiedlichsten Kulturkreisen. So beispielsweise mit der Tänzerin Brigitte, der Pizzeriabetreiberin Sultan, Sarah von der Apotheke oder auch der Frau des Metzgers namens Safak. Die Interviews mit den portraitierten Personen können neben den Fotografien mit einem QR-Code abgerufen werden.
Die Bilder sind noch bis am 30. September 2020 auf Plakatständern zwischen Loryplatz und Schlossstrasse zu sehen.