Im heutigen RaBe-Info geht es um eine vielfältige Fotoausstellung auf der Berner Schützenmatte – um die zunehmende Gewalt gegen hunderte von Journalist*innen in den USA – und um den selbstgewählten Unort von einem weiteren Stadtratskandidaten im Rahmen unserer Wahlserie.
Podcast der ganzen Sendung:
Vielfältige Fotoausstellung auf der Berner Schützenmatte
Seit letztem Dienstag sind auf der Berner Schützenmatte 64 Porträtfotos zu sehen. Sie zeigen Menschen mit unterschiedlichsten Biografien, aufgenommen wurden die Bilder im vergangenen Juli an der Aktionswoche Schützkonzept.
Wir Alle sind Bern hat die Austellung organisiert, eine Bewegung für Menschen, die Vielfalt und Migration als gesellschaftliche Realität anerkennen.
«Es sollen für einmal diejenigen Menschen sichtbar werden, die diesen Platz tagtäglich beleben», erklärt Karin Fluder vom Café Cosmopolis, welches Teil ist von Wir Alle sind Bern.
Ein Bild überrage dabei in der Grösse alle anderen Porträts: Dasjenige eines kleinen Sans-Papiers Jungen, der sich in einer Waschmaschine versteckt. «Gesicht zeigen ist immer noch ein Privileg», so Fluder. «Es gibt Menschen, die sich verstecken müssen, auch wenn man versucht ihnen eine Plattform zu bieten».
Die gekleisterten Bilder sind vergänglich, wer sie in kleinerem Format sehen möchte, kann dies ab Sonntag im O’Bolles tun. Die Vernissage dazu wurde auf unbestimmte Zeit verschoben.
Hunderte Übergriffe gegen Journalist*innen
Knapp zwei Wochen vor der Präsidentenwahl in den USA zeigt sich die Pressefreiheitsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) äusserst besorgt über die hohe Zahl von Übergriffen gegen Journalistinnen und Journalisten. Seit Jahresbeginn wurden in den Vereinigten Staaten mindestens 371 Übergriffe gegen Medienschaffende dokumentiert, darunter 230 tätliche Angriffe und 75 Festnahmen. Noch nie zuvor in der US-Geschichte ist die Pressefreiheit so massiv unter Beschuss geraten.
«Die erschreckende Feindseligkeit und Gewalt, die Journalistinnen und Journalisten für die bloße Ausübung ihres Berufs entgegenschlägt, ist bezeichnend für die immer schlechter werdende Lage der Pressefreiheit in den USA», sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. «In den Wochen vor den Präsidenten- und Kongresswahlen hat sich die Situation weiter verschärft. Alle Kandidatinnen und Kandidaten sollten zur Deeskalation beitragen, indem sie sich öffentlich zum Schutz der Pressefreiheit bekennen.»
Die Zahl von 371 dokumentierten Übergriffen spiegelt das Ausmass der Gewalt gegen Journalistinnen und Journalisten in den USA nur unvollständig wider.
Insgesamt hat das auch von RSF mitgetragene Projekt U.S. Press Freedom Tracker für dieses Jahr schon 868 Meldungen über Übergriffe gesammelt, von denen jedoch wegen der grossen Zahl viele noch nicht verifiziert werden konnten. Den größten Teil an diesen Übergriffen machen vorsätzliche tätliche Angriffe – davon die meisten durch die Polizei – auf eindeutig als Medienvertreter erkennbare Journalistinnen und Journalisten aus. Insbesondere seit dem Tod des Afroamerikaners George Floyd bei einer Polizeikontrolle und dem Beginn den darauffolgenden «Black Lives Matter»-Protesten ist die Zahl der Übergriffe sprunghaft angestiegen.
Die hohe Zahl an Übergriffen sei mehr als nur besorgniserregend, betont Juliane Matthey von der Pressefreiheitsorganisation ROG im Gespräch mit RaBe:
Unort Bern: Mit Niklaus Mürner (SVP) beim Gerechtigkeitsbrunnen
Am 29. November 2020 wählt die Stadt Bern ein neues Parlament. 530 Kandidat*innen bewerben sich um 80 Sitze. Im Rahmen unserer Wahlserie stellen wir täglich eine Kandidat*in vor, deren Partei bereits im Rat vertreten ist. Wir treffen die Kandidierenden jeweils an ihrem persönlichen «Unort», sprich an demjenigen Ort in der Stadt Bern , wo sie einen Missstand beklagen und etwas verändern möchten.
Der Berner Rechtsanwalt Niklaus Mürner von der SVP hat den Gerechtigkeitsbrunnen in der Kramgasse ausgewählt. Mit der Wahl dieses symbolischen Ortes kritisiert Mürner die in letzter Zeit gehäuft auftretenden «Rechtsbrüche des Berner Gemeinderates». Während der Besetzung des Bundesplatzes durch die Klimabewegung habe die Stadtregierung viel zu lange gezögert, den Platz zu räumen, obwohl im Reglement klar festgehalten sei, dass dort während der Parlamentssessionen nicht demonstriert werden dürfe. Zudem kritisiert Mürner, dass die Übermalung des umstrittenen Wandbildes im Schulhaus Wylergut während der Black Lives Matter-Proteste diesen Sommer in Bern ohne jegliche rechtliche Konsequenzen einfach hingenommen wurde, obwohl bereits Pläne bestanden hätten, das Wandbild zu entfernen.
Aufgrund der demokratisch gewählten rotgrünen Mehrheit im Stadtrat liege für die SVP auch künftig nicht viel mehr drin als ein bisschen Opposition zu betreiben, so Niklaus Mürner, mit dem Finger auf Unannehmlichkeiten zeigen und damit nicht aufzuhören.