Im RaBe-Info beschäftigt uns heute das umstrittene Budget 2021 der Stadt Bern – die Räumung eines illegalen Camps in Argentinien – und ein weiterer „Unort“ im Rahmen unserer Serie zu den Stadtratswahlen.
Podcast der ganzen Sendung:
Abstimmungen: Städtisches Budget 2021
Nicht nur gewählt wird in Bern am 29. November. Ebenfalls an die Urne wird die Stimmbevölkerung gerufen für eine Stellungnahme zum geplanten Budget 2021. Eigentlich schlagen Budget-Abstimmungen selten hohe Wellen: Der Gemeinderat entwirft den Haushaltsplan, der Stadtrat heisst ihn gut, dann gibt die Stimmbevölkerung an der Urne grünes Licht. In den letzten Jahren sagten jeweils über 70% der Abstimmenden Ja zum geplanten Budget.
In diesem Jahr dürfte die Zustimmung jedoch kleiner ausfallen. Denn nicht nur wegen Corona ist sparen angesagt: Knapp 41 Millionen Franken will die Stadt im Vergleich zum Vorjahr sparen. Dabei wurde das vom Gemeinderat vorgeschlagene Budget im städtischen Parlament noch einmal massiv überarbeitet. Vor allem auf Sparmassnahmen im sozialen und kulturellen Bereich wird nun doch verzichtet. Das Budget sieht laut Abstimmungsbotschaft vor allem Einsparungen bei den Sach-, Unterhalts- und Repräsentationskosten vor. So werden zum Beispiel freie Stellen frühestens nach 4 Monaten wieder besetzt. Ausserdem gäbe es im kommenden Jahr keine Leistungsprämien für städtische Angestellte. Auf keinen Fall wolle die Stadt die Steuern erhöhen, bestätigen sowohl Gemeinderätin Franziska Teuscher, als auch Stadtpräsident Alec von Graffenried.
Unter anderem die FDP und die Jungfreisinnigen sind nicht zufrieden mit dem vorgelegten Budget. Sie fordern straffere Sparmassnahmen, damit sich die Stadt nicht noch mehr verschulde. «Seit 2016 hat die Stadt Bern ein strukturelles Problem bei den Finanzen, sie kann ihre Ausgaben nicht mehr aus eigener Kraft bewältigen sondern ist auf die Unterstützung der Banken angewiesen», erklärt Fraktionspräsident Bernhard Eicher – er kandidiert auch für einen Sitz im Gemeinderat. Eicher fordertet einen grundsätzlichen Kurswechsel in der Ausgabenpolitik, der rot-grüne Fahrplan sei nicht nachhaltig, die Stadt lebe auf Kosten der kommenden Generationen. «Die Bevölkerung muss nun Vertrauen haben in uns, dass wir das sorgfältig machen», argumentiert hingegen Franziska Teuscher. Nur so könne die Stadt Bern ihre soziale Politik aufrecht erhalten.
Wer sich genauer vertiefen möchte in die Zahlen, findet hier das komplette Budget der Stadt Bern. Ausserdem werden wir in der kommenden Woche im RaBe-Info über die Sparmassnahmen der einzelnen Direktionen berichten.
Stadtflucht und Kampf um Land in Argentinien
Argentinien ist in der Krise. Neben der Finanzkrise 2018 setzt nun die Coronapandemie dem Land stark zu. Argentinien gehört weltweit zu den Ländern mit den höchsten Ansteckungsraten und das öffentliche Gesundheitswesen kann die Grundversorgung nicht mehr sicherstellen. Die Pandemie bringt auch viele soziale Probleme mit sich, das Armutsniveau ist während der letzten Monate erheblich gestiegen. 41 % der Argentinier*innen leben unter der Armutsgrenze. Viele haben in den letzten Monaten ihre Stelle oder Wohnung verloren.
Aus dieser Not heraus wurde in Guernica in der Provinz Buenos Aires eine grosse Fläche Land illegal besetzt. Seit Juli lebten 2500 Familien auf dem besetzten Gebiet. Viele alleinerziehende Mütter lebten im Camp Guernica. Die Frauen organisierten sich untereinander in einem feministischen Kollektiv. Nun wurde die Besetzung letzten Donnerstag geräumt.
Die Polizei hat mit einem Grossaufgebot von 4 000 Polizistinnen Hütten der Bewohner*innen angezündet und massenhaft Gummischrot eingesetzt. Mehrere Duzend Personen wurden verhaftet, etliche wurden verletzt. Zahlreiche Familien leben nun erneut auf der Strasse. Dagegen wird seit Freitag demonstriert. Der Kampf sei aber noch nicht vorbei. Ximena, die in Guernica gewohnt hat, meint: „Wir glauben nicht an das Privateigentum. Wir glauben an Grundrechte. Wir glauben daran, dass es eine soziale Gerechtigkeit geben muss. Das schuldet der Staat der Bevölkerung. Dafür werden wir weiterkämpfen.“
Die Räumung des Camps Guernica in der Provinz Buenos Aires. Fotos: © Juan Pablo Barrientos.
Unort Bern: Mit Simone Machado von der GaP beim Hirschengraben
Am 29. November 2020 wählt die Stadt Bern ein neues Parlament. 530 Kandidat*innen bewerben sich um 80 Sitze. Im Rahmen unserer Wahlserie stellen wir täglich eine*n Kandidat*in vor, deren Partei bereits im Rat vertreten ist. Wir treffen die Kandidierenden jeweils an ihrem persönlichen «Unort», sprich an demjenigen Ort in der Stadt Bern, wo sie einen Missstand beklagen und etwas verändern möchten.
Die Berner Rechtsanwältin Simone Machado von der Grünalternativen Partei GaP hat den Hirschengraben ausgewählt, welcher im Rahmen des geplanten neuen Bahnhofzugangs komplett umgestaltet wird. Besonders stört sich Machado an den im Projekt vorgesehenen, laut ihr überdimensionierten unterirdischen Velostation, welche 33 Millionen Franken kosten soll, und dass die 23 Kastanienbäume gefällt werden sollen, welche derzeit den Hirschengraben zieren. In Zeiten der Klimakrise sei es unverantwortlich, 80-100 jährige Bäume zu fällen und sie durch klimaresistente Linden in Baumtrögen zu ersetzen. Machado ist der Ansicht, dass man den dringlich benötigten zusätzlichen Zugang zum Bahnhof Bern stattdessen auf der gegenüberliegenden Seite beim Bubenbergplatz 8-12 realisieren könnte.
In einem grösseren Kontext stehe der Hirschengraben symbolisch für die Art und Weise, wie die Stadt Bern neue Bauprojekte zu planen pflege: «Immer wenn die Stadt baut, entscheidet sie sich für Luxusbauten», kritisiert Simone Machado, wodurch noch die letzten Freiflächen der Stadt Bern verschwinden würden. Es sei falsch, sie alle dem neuen Credo zu opfern, die Städte nach innen zu verdichten.