Im RaBe-Info beschäftigen wir uns heute mit der Kriegsgeschäfte-Initiative, mit den «Basel-Nazifrei-Prozessen» und mit einem weiteren «Unort» im Rahmen unserer Serie zu den Stadtratswahlen.
Podcast der ganzen Sendung:
Abstimmung: Kriegsgeschäfte-Initiative
Weniger Schweizer Geld für die Kriege dieser Welt. Dieses Ziel verfolgt die Kriegsgeschäfte-Initiative. Sie verlangt, dass Schweizer Vorsorgeeinrichtungen, wie AHV, IV und die Pensionskassen, sowie die Nationalbank künftig nicht mehr in Kriegsmaterial investieren dürfen. Davon betroffen wären Investitionen in Unternehmen, welche über 5% ihres Jahresumsatzes mit Kriegsmaterial erwirtschaften.
Schon heute verbietet das Gesetz direkte Investitionen in Unternehmen, welche spezifische Kriegsgüter produzieren, wie nukleare, biologische und chemische Waffen, Antipersonenminen oder Streumunition. Dieses Verbot würde bei einem JA zur Initiative stark ausgeweitet und würde künftig auch indirekte Investitionen via Aktienfonds beinhalten. Julia Küng von den Jungen Grünen verweist auf Studien, die zeigen, dass es für die betreffenden Institutionen trotz des Verbotes und trotz der wirtschaftlich schwierigen Zeiten weiterhin möglich wäre, rentable Investitionen zu tätigen.
Anders sieht dies Beat Flach, Nationalrat der Grünliberalen. Insbesondere für die Nationalbank, welche für die Anlage ihres Portfolios von mindestens 800 Milliarden den grösstmöglichen Spielraum brauche, um die Stabilität des Schweizer Frankens garantieren zu können, werde es aufgrund der Komplexität des internationalen Finanzmarktes schwierig, einzelne Investitionsfelder herauszupicken. Beat Flach setzt sich an vorderster Front für die Korrektur-Initiative für ein Verbot von Kriegsmaterialexporten in Bürgerkriegsländer ein, welche zu einem späteren Zeitpunkt zur Abstimmung kommt. Ebenso vehement aber bekämpft er die aktuelle Kriegsgeschäfte-Initiative, weil sie die Sozialwerke schwäche und mit dem Schweizer Rüstungskonzern RUAG auch die militärische Sicherheit der Schweiz bedrohe.
Dem widerspricht Julia Küng mit dem Hinweis darauf, dass sich die Schweizer Rüstungsproduktion nicht über die Börse, sondern über die Banken finanziere und somit nur am Rande tangiert wäre. Die Schweizer Banken fallen laut Initiativtext nicht unter das Investitionsverbot, weil sie ihre Geschäfte über viele internationale Niederlassungen abwickeln. Die Initiative sieht zwar vor, dass sich der Bund auf nationaler und internationaler Ebene dafür einsetzen soll, dass auch Banken und Versicherungen ihre Investitionen in die Rüstungsindustrie zurückfahren. Dieser Passus sei jedoch mit durchaus ungewissen Erfolgschancen verknüpft, räumt Julia Küng ein.
Lanciert wurde die Kriegsgeschäfte-Initiative von der Gruppe für eine Schweiz ohne Armee GSOA und den Jungen Grünen. Unterstützt wird sie von den Grünen und der SP, dagegen sind alle bürgerlichen und Mitte-Parteien. Das letzte Wort hat das Schweizer Stimmvolk am 29. November 2020.
Basel Nazifrei: Sind die Prozesse politisch gefärbt?
Am 24.November 2018 haben rund 2000 Demonstrierende einen Aufmarsch der rechtsextremen PNOS in Basel blockiert. Die Demonstration war unbewilligt, es kam zu Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstrierenden. Im Juli dieses Jahres starteten nun die Prozesse gegen die Demonstrant*innen. 40 Urteile stehen insgesamt an.
Für Schlagzeilen sorgte ein Urteil, das im September gefällt wurde. Eine Person wurde wegen Landfriedensbruch und passiver Teilnahme an Gewalt und Drohung gegen Beamte zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt. 8 Monate Gefängnis also, weil sie sich nicht rechtzeitig von der Demonstration entfernt hatte. «Das ist ein politisches Urteil. Die Person hat gesagt, dass sie für den Antifaschismus steht und dass sie das wieder machen würde, und entsprechend hat der Richter das Gefühl, er müsse ein hartes Urteil fällen», meint Stefan Bauer (Name geändert) von der Kampagne Basel Nazifrei im Interview mit RaBe.
Doch für Furore sorgt nicht nur das Urteil an sich, sondern auch der zuständige SP-Richter René Ernst. Dieser hat wenige Tage nach Urteilsspruch ein Interview in der Basler Zeitung gegeben, in dem er sich von dem Vorwurf, dass es sich um ein politisches Urteil handle, distanziert hatte – die Basel Nazifrei Demonstrationen seien so gewaltvoll verlaufen, dass dieses Urteil gerechtfertigt sei. Dass sich ein Richter zu seinem Urteil öffentlich positioniert, obwohl noch gar nicht alle Prozesse gelaufen sind, kritisieren die Anwält*innen der Angeklagten. Es handle sich um eine gravierende Verletzung der Unschuldsvermutung.
Auch letzte Woche wurden Urteile gefällt. Dabei zeichne sich langsam eine Kehrtwende in der Urteilssprechung ab, sagt Stefan Bauer von Basel Nazifrei. «Das letzte Urteil war eine krasse Niederlage für den Staatsanwalt, der 27 Monate unbedingte Haft forderte, ausgesprochen wurden jedoch nur 12 Monate bedingt. Die Schere geht momentan sehr auseinander zwischen dem, was gefordert wird, und dem, was durchkommt.»
Bemerkung: Die Prozesse in Basel werden sich noch bis mindestens Januar 2021 hinziehen – wegen der Coronasituation unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Unort Bern: Mit Michèle Stofer (BDP) vor der Reitschule
Am 29. November 2020 wählt die Stadt Bern ein neues Parlament. 530 Kandidat*innen bewerben sich um 80 Sitze. Im Rahmen unserer Wahlserie stellen wir täglich eine Kandidat*in vor, deren Partei bereits im Rat vertreten ist.
Wir treffen die Kandidierenden jeweils an ihrem persönlichen «Unort», sprich an demjenigen Ort in der Stadt Bern, wo sie einen Missstand beklagen und etwas verändern möchten.
Der Unort von Michèle Stofer ist sowohl die Berner Reitschule als auch die angrenzende Schützenmatte. Die 29-jährige Stadtratskandidatin der BDP ist überzeugt, dass sich an diesen beiden Orten etwas verändern muss. Allerdings nimmt sie gleich vorneweg: «Ich bin in jedem Fall dafür, dass die Reitschule als Kulturzentrum weiterhin bestehen bleibt». Vielmehr gehe es ihr darum, dass die Reitschule und die Schützenmatten wieder zu sicheren Orten werden. «Die hohe Kriminalität und der Drogenhandel bewirken, dass sich hier nicht alle Menschen willkommen fühlen», betont sie im Gespräch mit RaBe. Einen Lösungsansatz sieht die Kommunikationsspezialistin unter anderem in einer «finalen Nutzung» der Schützenmatte: «Im Gegensatz zur früheren Zwischennutzung sollte diese weniger auf „Lärm“ ausgerichtet sein und dafür verstärkt auch für Familien und ältere Personen attraktiv gemacht werden, beispielsweise in Form eines Parks oder eines Spielplatzes».