Heute im Info: 30 Organisationen kritisieren das Freihandelsabkommen Schweiz-Türkei, der Berner Finanzdirektor Michael Aebersold spricht über Sparmassnahmen und das Budget 2021 und Tagebuch schreiben um die Corona-Zeit für sich zu ordnen, so macht dies Samuel Geiser, Verfasser des Buchs «Fieber».
Umstrittenes Freihandelsabkommen mit der Türkei
Das revidierte Freihandelsabkommen mit der Türkei liegt bereits seit über zwei Jahren in der Schublade. Obwohl es vom Schweizer Parlament längst genehmigt wurde, zögert der Bundesrat bis heute, das Abkommen zu ratifizieren. Grund sind die besorgniserregenden Entwicklungen in der Türkei, sowohl betreffend der Menschenrechtsverletzungen insbesondere gegen die kurdische Minderheit im Innern, als auch betreffend der aggressiven türkischen Aussenpolitik in Kurdistan, Syrien, Libyen und jüngst auch in Berg-Karabach.
Nun aber plant SVP-Bundesrat Guy Parmelin offenbar eine Kehrtwende. Wie Parmelin kürzlich gegenüber SRF sagte, will er das revidierte Freihandelsabkommen mit der Türkei möglichst zeitnah in Kraft setzen.
Damit stösst der Wirtschaftsminister auf breiten Widerstand. Zahlreiche Parlamentarier*innen monieren, jetzt sei dafür sicher nicht der richtige Zeitpunkt und rund 30 Zivilorganisationen fordern ihn in einem Brief dazu auf, das Abkommen definitiv zu begraben.
Urs Sekinger, Präsident der NGO Solifonds und Koordinator der Plattform für Frieden und Solidarität in der Türkei und in Kurdistan ist überzeugt, dass nur wirtschaftliche Sanktionen autoritäre Regimes von ihrem repressiven Kurs abbringen können. Er widerspricht der Argumentation des Wirtschaftsdachverbandes Economiesuisse vehement, dass es bei Wirtschaftsabkommen vorwiegend um den Handel gehe, während die Regierung die Stärkung der Menschenrechte auf anderen Ebenen mit anderen Mitteln vorantreiben solle. In der Vergangenheit hat sich laut Sekinger unter anderem anhand der wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Schweiz und dem Apartheidregime in Südafrika zur Genüge gezeigt, dass wirtschaftliche Interessen nicht losgelöst von Menschenrechtsverletzungen behandelt werden können. Die Schweiz müsse hier international ein starkes Zeichen setzen und die Ratifizierung des Freihandelsabkommens mit der Türkei nicht verschieben, sondern gänzlich ad acta legen.
Der Finanzdirektor äussert sich zur Sparpolitik der Stadt
Die Stadt Bern muss sparen. Aufgrund der aktuellen Krise und fehlenden Steuereinnahmen rechnet sie für die kommenden Jahre mit Defiziten von rund 37 Millionen Franken pro Jahr. Defizite, die sich kurz- und langfristig gesehen lediglich mit umfangreichen Sparmassnahmen bewältigen lassen. Bereits im Frühling schnürte der Gemeinderat ein erstes Sparpaket – Anfang Juni gab er dann die detaillierten Zahlen zu den geplanten Entlastungsmassnahmen in den einzelnen Direktionen bekannt. In der Zwischenzeit hat das städtische Parlament die geplanten Sparmassnahmen noch einmal überarbeitet und teilweise auch grössere Anpassungen vorgenommen. Im Grossen und Ganzen entspricht das Sparpaket aber nach wie vor den Vorstellungen des Gemeinderats.
In diesen Tagen sprechen wir hier im RaBe-Info mit den einzelnen Gemeinderät*innen über die Sparmassnahmen in ihrer Direktion. Heute mit Michael Aebersold von der Direktion für Finanzen, Personal und Informatik.
Bei der Ausarbeitung der Sparmassnahmen in seiner Direktion sieht Aebersold vor allem im Personal- und im Baubereich Möglichkeiten. «Es geht momentan darum Massnahmen zu beschliessen, die entweder das Personal betreffen oder den baulichen Unterhalt von städtischen Immobilien. Nur auf diesem Weg können wir eine Neuverschuldung der Stadt vermeiden und das hat für mich oberste Priorität», betont der Finanzdirektor im Gespräch mit RaBe.
Natürlich habe der Gemeinderat auch die Möglichkeit einer Steuererhöhung geprüft. Angesicht der gegenwärtigen Krisensituation sei allerdings rasch klar gewesen, dass eine Steuererhöhung derzeit keine Option darstelle. «Ein solches Szenario, wie wir es derzeit beispielsweise in der Gemeinde Köniz beobachten, wollen wir hier in Bern unbedingt vermeiden», so Aebersold. «Ich werde alles daran setzen, dass wir die Steuern nicht erhöhen müssen, sondern dass wir den Finanzhaushalt mit präzisen Investitionen wieder ins Gleichgewicht bringen».
«Fieber – Ein Journal in Zeiten von Corona»
Tagebuch schreiben ist in gutes Mittel um seine Gedanken zu ordnen und einen kühlen Kopf zu bewahren. Das dachte sich auch der Berner Autor Samuel Geiser, als er ab Mitte März dieses Jahres täglich in die Tasten haute. Herausgekommen ist «Fieber, ein Journal in Zeiten von Corona».
Ein Buch, welches die Leserin mitnimmt durch die Hoch und Tiefs einer aussergewöhnlichen Zeit. Mit scharfen Beobachtungen, präzisen Überlegungen dazu, was Corona für die Menschheit bedeutet und immer auch mit einer Prise Systemkritik. Im Interview mit RaBe erzählt der 70-Jährige, dass er schon lange in kleinem Rahmen Notizen über den Alltag festhalte. Doch das Virus habe sein Bedürfnis nach Dokumentation und Reflexion noch einmal verstärkt.