Ein Viertel aller Berner*innen können bei den Gemeinde- und Regierungsratswahlen Ende November nicht wählen gehen, weil sie keinen Schweizer Pass haben. In der heutigen Sendung besuchen wir das Wahlbüro im PROGR, das allen Menschen eine Stimme gibt. Zudem werfen wir einen Blick auf die Corona-Schutzmassnahmen in Rückkehrzentren für Asylsuchende – diese werden nämlich von Betroffenen und Asylorganisationen scharf kritisiert. Wir enden mit einer Prise Spass und der Frage, wie Humor uns in schwierigen Zeiten helfen kann.
Den Podcast zur Sendung gibt es hier:
Wahlbüro – eine Stimme für die Berner Migrationsbevölkerung
Am 29. November 2020 wählen die Berner*innen den Gemeinde- und den Stadtrat. Ausgeschlossen sind dabei die rund 25% der Berner Bevölkerung mit Migrationshintergrund, welche nicht wählen und abstimmen dürfen.
Vor exakt 10 Jahren hat der Kanton Bern das Stimm- und Wahlrecht für Menschen mit Migrationshintergrund deutlich abgelehnt. Um ihnen trotzdem eine Teilhabe zu ermöglichen, organisiert das Kollektiv Wir alle sind Bern in der Stube des Kulturzentrums PROGR ein Wahlbüro.
Dabei treffen sich Menschen mit und ohne Stimmrecht zur Diskussion und zum gemeinsamen Wählen und Abstimmen und teilen sich dabei quasi eine Stimme.
Laut Christian Metzger vom Kollektiv «Wir alle sind Bern» steht das Wahlrecht für Ausländer*innen sinnbildlich dafür, wie wir in der Demokratie zusammen leben wollen. Demokratie sei eine Gesellschaftsform, welche auf Gleichheit beruhe und dass heisse auch, dass man über Angelegenheiten, welche alle betreffen, auch gemeinsam diskutiere und entscheidee. Kommt hinzu, dass wer kein Stimm- und Wahlrecht besitze, auch kaum nach der eigenen Meinung gefragt werde.
Das längerfristige Ziel von «Wir alle sind Bern» ist die Einführung des Stimm- und Wahlrechts für Ausländer*innen. Gleichzeitig aber verfolgt das Kollektiv die Experimente mit partizipativen Budgets in Lausanne und Zürich mit grossem Interesse. Die Idee hinter diesen Budgets ist, dass eine Bürger*innenversammlung entscheidet, welche Projekte im Quartier Geld erhalten sollen und welche nicht. Diese Form der Selbstverwaltung bringe eine Machtverschiebung Richtung Zivilgesellschaft mit sich, welche dazu motiviere, aktiv Bürger*in einer Stadt zu sein.
Harsche Kritik an Corona-Schutzmassnahmen in den Berner Rückkehrzentren
Die Corona-Schutzmassnahmen in den Berner Asylzentren seien ungenügend. Geflüchtete würden bewusst der Gefahr ausgesetzt sich anzustecken, weil die Distanzregeln nicht eingehalten werden könnten, nicht genügend Schutzmaterial zur Verfügung stehe und die Quarantäneregeln nicht korrekt umgesetzt würden.
Nach umfassenden Nachforschungen ziehen Betroffene und Aktivist*innen der Asylorganisationen Stop Isolation und dem Migrant Solidarity Network eine verheerende Bilanz der Umsetzung der Corona-Schutzmassnahmen des Bundesamtes für Gesundheit BAG in den Berner Rückkehrzentren für Asylsuchende. Sie berichten von verheerenden Missständen in den von der privaten Firma ORS betriebenen Berner Rückkehrzentren in Gampelen, Aarwangen, Worb und Biel-Bözingen.
Zudem kritisieren sie die Behörden dafür, dass sie seit Monaten jegliche Kritik von sich weisen, von Einzelfällen und Missverständnissen sprechen würden und angebliche «Aussenstehende» dafür verantwortlich machen, die Stimmung «anzuheizen», wie das Berner Amt für Bevölkerungsdienste kürzlich gegenüber dem Bund erklärte.
Stop Isolation und das Migrant Solidarity Network fordern die zuständigen Behörden und die Betreiberfirma ORS dazu auf, die BAG-Richtlinien in den Rückkehrzentren unverzüglich umzusetzen und den Umgang mit den betroffenen Asylsuchenden so zu gestalten, dass sie keine Angst vor Ansteckungen mehr haben müssen.
Maria Winker (Name der Redaktion bekannt), Aktivist*in von Stop Isolation und dem Migrant Solidarity Network im Interview mit RaBe:
Mit Humor durch die Krise?
Mit Humor und Witzen ist das so eine Sache: Was die einen ungemein lustig dünkt, finden andere kindisch und doof oder vielleicht sogar geschmacklos und unangebracht. Wann wir welche Witze lustig finden
, hängt zum einen von den Umständen ab, in denen wir uns gerade befinden. Wer schlechte Laune hat, an depressiver Verstimmung leidet oder ganz einfach konzentriert am Arbeiten ist, hat generell weniger Lust auf Witze.
Zum anderen gebe es auch Persönlichkeitsmerkmale, die mitbestimmten, ob wir tendenziell Witze eher lustig fänden oder nicht, sagt Psychologieprofessorin Andrea Samson von der FernUni Schweiz. So seien Menschen mit heiteren Gemüten eher zugänglich für Schalk und Scherz. Und wer besser mit Ambiguitäten und Unsicherheiten umgehen könne, möge auch eher Nonsense-Witze.
Die Funktionen von Humor sind enorm vielfältig. So kann er verbinden und ein Zugehörigkeitsgefühl entstehen lassen. Gleichzeitig sei Humor aber auch immer eine soziale Gratwanderung, sagt Samson. «In Witzen wird oft jemand unvorteilhaft dargestellt. Dabei besteht die Gefahr von Diskriminierung.»
Humor ist die Begabung, Schwierigkeiten und Missgeschicken mit Gelassenheit zu begegnen. Dabei wirkt sich Humor nicht nur auf unser Gemüt aus, sondern auch auf unseren Körper. Forschungsresultate zeigen, dass beim Lachen verschiedene Hirnregionen aktiv sind, die für Motorik, Emotionen und Kognition zuständig sind. Wer lacht, schüttet zudem körpereigene Hormone wie Adrenalin und Noradrenalin aus, was die Stimmung hebt und offenbar sogar entzündungshemmend wirkt. So erstaunt es nicht, dass die «Wunderwaffe» Humor mittlerweile auch in therapeutischer Form eingesetzt wird, etwa in der Psychotherapie.
Es gehört zur Eigenschaft von Humor, mit Erwartungen zu brechen und eine andere Sicht auf Dinge einzunehmen. Wenn es gelinge, diesen neuen Blickwinkel auch auf Probleme im Alltag anzuwenden – also quasi das Absurde im Tragischen zu erkennen – könne dies dabei helfen, mit Problemen besser umgehen zu können, sagt Andrea Samson im Interview mit RaBe.