Heute im RaBe Info schauen wir uns das neue Anti-Terror-Gesetz kritisch an und hören uns um, wie sich die Linke in den USA organisiert.
Hier der Podcast zur Sendung:
Harsche Kritik an neuer Terrorismus-Strafnorm
Das überarbeitete Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT) verschafft der Polizei sehr weitreichende Mittel, um gegen mögliche terroristische Bedrohungen vorzugehen. Dazu gehören unter anderem Überwachungsmassnahmen oder die Verhängung von Hausarrest ohne richterliche Kontrolle, um so genannte terroristische Gefährder*innen frühzeitig zu entdecken und festzusetzen.
Kritiker*innen sehen darin einen Frontalangriff auf den Rechtsstaat. Unter ihnen sind auch 50 Schweizer Rechtsprofessor*innen, welche Bundesrat und Parlament in einem offenen Brief dazu auffordern, die neue Strafnorm nochmals grundsätzlich zu überdenken. Zu den Erstunterzeichnenden dieses Briefes gehört auch Nadja Capus, Rechtsprofessorin an der Universität Neuenburg.
Capus kritisiert, die neue Terrorismus-Strafnorm sei so schwammig formuliert, dass praktisch jeder und jede als so genannte terroristische Gefährder*in eingestuft werden könne. So öffne die neue Strafnorm der Willkür Tür und Tor. Zudem heble sie den Schutz von Minderjährigen aus, indem sie diverse polizeiliche Massnahmen neu bereits für Personen ab 12 Jahren erlaube. Damit verstosse die Schweiz gegen die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen UNO.
Laut der Rechtsprofessorin riskiert die Schweiz derzeit an vielerlei Fronten, grundlegende Errungenschaften der demokratischen Gesellschaft über Bord zu werfen. Errungenschaften, welche dabei helfen würden, einer Radikalisierung von gefährdeten Personen vorzubeugen. Der eingeschlagene Weg vieler demokratischer Länder, vor der Hintergrund der Terrorgefahr immer schärfere Antiterrorgesetze zu verabschieden, um die Bürger*innen immer breitflächiger und intensiver zu überwachen, sei ein Trugschluss. Breitflächige Überwachungsmassnahmen seien im Gegenteil höchst ungeeignet, um Radikalisierung und Terrorgefahr zu vermindern.
Jungparteien und Grundrechtsorganisationen haben gegen die neue Strafnorm das Referendum ergriffen. Die Frist läuft noch bis Mitte Januar.
Linke in den USA: Wie weiter?
Im Gegensatz zu den Wahlen vor vier Jahren konnten sich die Mitte- und Links-Kräfte diesmal zusammenraufen: Joe Biden ist neuer US-Präsident, der amtierende Donald Trump ist abgewählt.
Sogar von Linksaussen erhielt Joe Biden Unterstützung, doch das heisst noch lange nicht, dass der neue Präsident nun eine dezidiert progressive und linke Politik machen werde, erklärt Ethan Young, Politbeobachter und Publizist aus Brooklyn, New York.
Die zentristische Parteiführung der Demokrat*innen – und somit auch der neue US-Präsident – habe bereits verlauten lassen, dass klar linke politische Ideen keine Unterstützung erhalten werde. Auch würden keine Linken in Führungspositionen aufsteigen können. «Das Übergangsteam ist zwar divers in Bezug auf Hautfarbe und Geschlecht, in ihren politischen Ansichten sind sich die Mitglieder aber sehr ähnlich: Alle sind Zentrist*innen mit guten Beziehungen zur Wall Street», so Young.
Keine gute Strategie sei dies, schliesslich habe die demokratische Partei in den Parlamentswahlen, welche ebenfalls Anfang November stattfanden, Sitze verloren. Das Partei-Establishment gäbe hierfür den schwächsten Mitgliedern die Schuld, also denjenigen mit den wenigsten Connections, den jungen Linken. Die Parteiführung behaupte, dass Sitze wegen dem progressiven Flügel verloren gingen, dieser ecke mit seiner sozialdemokratischen Politik bei der Wählerinnenschaft einfach zu sehran. «Schaut man aber genauer hin – wer einen Sitz unerwartet verloren, und wer einen unerwartet gewonnen hat – so erkennt man sofort: Zentristen flogen raus und Linke kamen rein.»
Noch klammerten sie sich an die Macht innerhalb der Partei, zwangsläufig müssten sich die Mitglieder des Mitteflügels aber mit der Notwendigkeit antifaschistischer Einheit auseinandersetzen, warnt Young. Gleichzeitig müssten die Progressiven, die Nichtregierungsorganisationen, die Gewerkschaften und die Führungen von sozialen Bewegungen begreifen, dass ein dumpfer anti-elitärer Populismus den Irrsinn von Trump erst ermöglicht habe und dass eine Alternative dazu nur mit demokratischer Massenmobilisierung erreicht werden könne.
Ein Beitrag von Max Böhnel, New York in Zusammenarbeit mit der Rosa Luxemburg Stiftung.