Heute im RaBe-Info: Der Widerstand gegen die elektronische Identität wächst, die Schweiz wird immer religionsferner und in der Westsahara spitzt sich ein neuer Konflikt zu.
Podcast der ganzen Sendung:
Abstimmungskampf gegen E-ID lanciert
Am 7. März stimmt die Schweiz über die elektronische Identitätskarte ab, über die sogenannte E-ID. In Zukunft soll es mit ihr möglich sein, online zum Beispiel seine Steuererklärung abzuschicken oder eine Adressänderung vorzunehmen – irgendwann vielleicht sogar online wählen und abstimmen zu können.
Der Bedarf nach einer E-ID ist unbestritten, doch wer diese ausstellen soll und wo die Daten gespeichert werden sollen, darüber herrscht noch Uneinigkeit.
Geht es nach dem Parlament, so sollen staatsnahe oder sogar private Betriebe diese Dienstleistung erbringen. Also zum Beispiel die Post, die Swisscom oder die UBS. Ganz anders sieht dies jedoch ein Referendumskomitee, welches gestern seinen Abstimmungskampf lanciert hat. Vor allem wegen Datenschutzbedenken sträubt es sich gegen eine E-ID aus privater Hand.
«Aktuell ist eine Architektur vorgesehen, bei welcher persönliche Daten zentral gespeichert werden bei privaten Herausgebern. Wir sollten aber besser eine Architektur wählen, die auf dezentrale Datenspeicherung setzt. Also dass meine Informationen bei mir lokal gespeichert werden und nicht bei einem privaten Unternehmen», erklärt Erik Schönenberger von der Digitalen Gesellschaft Schweiz.
Das Thema Datenschutz habe in den letzten Monaten Aufwind erhalten, bei der Contact Tracing App konnte man sogar einen Erfolg verzeichnen. «Bei dieser hat sich der Bund ja letztendlich auch für eine dezentrale Lösung entschieden.» Schönenberger könnte sich somit durchaus vorstellen, dass durch die Diskussion um die Contact Tracing App in der Bevölkerung eine Sensibilisierung stattgefunden habe.
Die Schweiz wird immer religionsferner
In einer gestern veröffentlichten Erhebung kommt das Bundesamt für Statistik zum Schluss: Immer mehr Menschen in der Schweiz wenden sich von der Religion ab.
Gehörten in den Achtzigerjahren noch so gut wie alle Personen in der Schweiz einer Glaubensgemeinschaft an so sind es heutzutage nur noch rund 70%. Die grösste Gruppe ist immer noch die katholische Kirche, gefolgt von der protestantischen.
Die Statistik zeigt auch: Die Menschen, die noch einer Religionsgemeinschaft zugehören werden weniger religiös. Sie gehen seltener ins Gotteshaus und beten weniger
Die Freidenker-Vereinigung setzt sich für die Anliegen der konfessionslosen ein. Ihr Präsident Andreas Kyriacou erklärt, dass jüngere Menschen immer öfter religionsfern aufwachsen und diese Distanz auch das ganze Leben über beibehalten.
Die Politik solle auf diese Entwicklungen reagieren, sagen die Freidenkenden. «Wir fordern ein Ende der Pauschalzahlungen an die Kirche», der Staat solle nur noch über konkrete Leistungsvereinbarungen Geld an die Kirche überweisen, so Kyriacou.
Ein jahrzehntealter Konflikt flammt wieder auf
Seit einigen Wochen spitzt sich der seit Jahrzehnten schwelende Konflikt zwischen Marokko und den Saharaouis in der Westsahara massiv zu. Am 13. November 2020 brach Marokko den im Jahre 1991 mit der saharaouischen Unabhängigkeitsbewegung Frente Polisario unterzeichneten Waffenstillstand, mit dem Aufmarsch marokkanischer Truppen in der entmilitarisierten UN-Pufferzone. Seither haben sich Schusswechsel, Hausdurchsuchungen und Festnahmen in den besetzten Gebieten vervielfacht.
Zwei Drittel der Fläche der Westsahara (insgesamt etwa so gross wie Rumänien) hält Marokko besetzt. Das Gebiet ist mit rund 500 000 Menschen sehr dünn besiedelt, davon sind inzwischen nur noch ein Fünftel Saharaouis, der Rest sind umgesiedelte Marokkaner*innen. Die Mehrheit der Saharaouis lebt heute entweder in der freien Zone, ein von der Frente Polisario kontrollierter dünner Wüstenstreifen, oder aber in den algerischen Flüchtlingslagern, wo auch die Exilregierung der Demokratischen Arabischen Republik Sahara (DARS) ihren Sitz hat.
Laut Sylvia Valentin, zuständig für Entwicklungspolitik und Westsahara-Expertin bei Terre des Hommes Schweiz hat sich die Menschenrechtslage seit dem 13. November 2020 massiv verschlechtert. Es gab zahlreiche Verhaftungen und Folterungen insbesondere von jungen saharaouischen Aktivist*innen, sowie Einschüchterungsversuche von Journalist*innen und Menschenrechtsaktivist*innen.
Derweil giessen zahlreiche internationale Gross- und Regionalmächte wie die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate oder Bahrain Öl ins Feuer, in dem sie die Souveränität Marokkos über die gesamte Westsahara unterstreichen. Die EU ihrerseits bewegt sich im Westsahara-Konflikt auf dünnem Eis: Einerseits gilt Marokko als wichtiger, strategischer Partner in der Maghreb-Region und als Schutzwall gegen Migrant*innen aus Subsahara-Afrika. Andererseits aber sei die Rechtslage klar, betont Sylvia Valentin, mit seiner militärischen Intervention habe Marokko offensichtlich gegen internationales Recht verstossen.