Im heutigen RaBe-Info schlagen wir den Bogen: Von der verheerenden Situation an der bosnisch-kroatischen Grenze, wo derzeit rund 10’000 Geflüchtete bei Minusgraden und Corona ausharren, nach Syrien, das sich seit mittlerweile 10 Jahren im Bürgerkrieg befindet.
Podcast der ganzen Sendung:
Elend auf der Balkanroute
Die Flüchtlingssituation an der EU-Aussengrenzen ist besorgniserregend. Knapp 10 000 Flüchtende befinden sich zurzeit im bosnischen Grenzgebiet zu Kroatien. Seit Ungarn die Grenzen geschlossen hat, nutzen Migrant*innen die „Neue Balkanroute“, um über Serbien und Bosnien schlussendlich nach Kroatien zu gelangen.
Die meisten Flüchtenden wohnen in notdürftigen Zelten im Wald und verwahrlosten Häusern oder Fabriken. Die wenigen Camps, die es gibt, sind überfüllt und können kaum bessere Bedingungen gewährleisten. Durch den Wintereinbruch verschlimmert sich die Situation noch zusätzlich. Minustemperaturen, Schnee und Eiseskälte führen zu untragbaren Verhältnissen.
Die Flüchtenden wollen aber weiter reisen in Richtung EU. Den Grenzübertritt nenne sie ‚The Game’, das Spiel. Denn an der EU-Aussengrenze zwischen Kroatien und Bosnien sind Push-Backs an der Tagesordnung. «Etliche Flüchtende probieren dort über die Grenzen zu kommen, aber werden aber von der Polizei immer wieder zurückgedrängt», sagt Bodo von der Organisation SOS Balkanroute. Allein für Oktober 2020 wurden mindestens 200 Rückschaffungen aus Kroatien zurück nach Bosnien dokumentiert. Dabei kommt es oft zu Gewalt, immer wieder werden Menschen verletzt. Diese Push-Backs sind widerrechtlich: Flüchtenden haben das Recht, das ihr Asylantrag in der EU individuell überprüft wird.
Von Repression betroffen sind aber nicht nur die Flüchtenden, sondern auch die Hilfsorganisationen, die Hilfe leisten wollen. Essen verteilen, Kleider verteilen, und Menschen mit dem Auto mitnehmen – das alles sei in Una Sana, einer bosnischen Provinz in der Nähe Kroatiens, momentan für nicht registrierte Hilfswerke verboten, so Bodo.
Auch Aktivist*innen aus der Schweiz wollen nächstes Jahr nach Bosnien reisen, um Flüchtende und Helfende zu unterstützen. Momentan sammelt das Kochkollekiv Geld, um Anfang nächsten Jahres für Menschen auf der Flucht zu kochen.
Humanitäre Katastrophe in Syrien
Seit bald 10 Jahren tobt in Syrien ein Krieg, wobei es nicht einfach ist, den Überblick zu behalten. Die Fronten verschieben sich immer wieder, auch haben viele andere Länder ihre Finger im Spiel. So wird der Machthaber Baschar al-Assad unter anderem von Russland und dem Iran unterstützt. Die Türkei hingegen unterstützt islamistische Rebellengruppen. Dazu kommen die demokratischen Kräfte der Kurd*innen, die Freie Syrische Armee und verschiedene Splittergruppierungen.
Schauplatz des Kriegs ist ein Land, das einmal über 20 Millionen Einwohner*innen zählte. Das Bildungssystem in Syrien liegt am Boden. «Wir stehen im Moment vor einer verlorenen Generation, das ist sehr gefährlich für die Zukunft. Minderjährige können einfacher von radikalen Gruppierungen rekrutiert werden. Man hätte schon lange handeln müssen, aber die ganze Welt hat in diesem Konflikt weggeschaut», sagt Ashti Amir, er ist Mitinitiator der Organisation Syriaid mit Sitz in Bern.
Ausserdem sei die Gesundheitsversorgung in vielen Teilen des Landes zerstört – und nun komme der Winter und Corona wüte praktisch ungebremst. «Was in Syrien gerade passiert, wird kaum in den Medien behandelt, man bekommt viel zu wenig mit. Aber von Kontakten vor Ort weiss ich: Die Situation ist sehr schlimm», so Amir im Interview mit RaBe.