Die Covid-19-Pandemie und die damit verbundenen Massnahmen haben das Leben von rund 1.7 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung in der Schweiz dramatisch verändert.
Für viele von ihnen war der Alltag bereits vor der Pandemie eine grosse Herausforderung. Doch jetzt mit Corona verlieren Menschen mit besonderen Bedürfnissen sogar das, was sie am meisten brauchen: nämlich eine klare Tagesstruktur. Wer in einer Institution arbeitet, kann nicht einfach so ins Homeoffice. Wer blind ist, hat Probleme den Abstand einzuhalten. Und wer im Wohnheim lebt wird bei Verdacht isoliert. Kurz und knapp: Als Mensch mit einer Beeinträchtigung ist man in Coronazeiten quasi doppelt gestraft.
«Auffallend viele dieser Menschen leiden seit Beginn der Pandemie an psychischen Problemen oder gehen ganz einfach vergessen», betont Jonas Staub, Geschäftsführer der gemeinnützigen Organisation Blindspot, die in Bern zwei inklusive Restaurants betreibt. In der „Fabrique28“ und im „Provisorium46“ arbeiten Menschen mit und ohne Beeinträchtigung Seite an Seite und auf Augenhöhe. «Jetzt wo wir uns erneut in einem Gastronomie-Lockdown befinden fällt dieser wichtige Teil der inklusiven Arbeit leider wieder weg», erklärt Jonas Staub. «Damit wird die hart erarbeitete gesellschaftliche Inklusion von Menschen mit besonderen Bedürfnissen gerade um 10 Jahre zurückgeworfen.»
Immerhin: In der Fabrique28 im Monbijou-Quartier darf Blindspot den Mensabetrieb für die Schüler*innen der benachbarten BFF trotz Lockdown weiterbetrieben. «Das gibt uns die Möglichkeit unseren Angestellten zumindest noch ein klein wenig Struktur zu geben», so Staub. Denn sowohl Struktur als auch Beratung und Unterstützung sei für Menschen mit besonderen Bedürfnissen derzeit besonders wichtig.
Das bestätigen auch die beiden Service-Fachkräfte Olivier und Anina. Wegen des Lockdowns arbeiten sie derzeit in der Fabrique 28 im Mensabetrieb. Normalerweise wären die beiden aber im direkten Kontakt mit den Restaurantgästen tätig. «Diese Arbeit fehlt mir gerade sehr. Der Kontakt mit den Gästen gab mir stets das Gefühl einer Symbiose mit der Gesellschaft und hat mich sehr motiviert. Jetzt kann ich halt nur noch serielle Arbeiten in der Küche ausüben und das ist für mich nicht dasselbe», erklärt Olivier im Gespräch mit RaBe.