Heute im Info: Warum die de-facto Regierungschefin von Myanmar, Aung San Suu Kyi, nicht unumstritten ist und wie eine Demonstration 1969 der Einführung des Frauenstimmrechts in der Schweiz Vorschub gab.
Aung San Suu Kyi: Fall einer Ikone
Das Militär hat die Regierungschefin Myanmars, Aung San Su Kyi, in der Nacht auf Montag aus ihrem Amt geputscht. Seitdem sind Aung San Su Kyi und weitere Vertreter*innen ihrer Regierung im Hausarrest. Die Verhaftung wird von international stark kritisiert. Die Verhaftungen von Aung San Suu Kyi und weiteren Regierungsmitgliedern würden sich jeglicher rechtlichen Grundlagen entbehren, kritisiert Amnesty International. In Myanmar herrscht seit Montag Ausnahmezustand: Die Telekommunikation wurde unterbrochen und die Militärregierung hat einen einjährigen Notstand ausgerufen.
Es ist nicht das erste Mal, das Aung San Su Kyi vom Militär inhaftiert wird. Bevor sie ihre politische Karriere startete, stand Sun Kyi für fünfzehn Jahre unter Hausarrest, weil sie für mehr Demokratie in ihrem Land kämpfte. International gewann Aung San Suu Kyi dadurch viel Ansehen und wurde sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
Ab 2011 verlor das Militär an Macht, Myanmar wurde demokratisiert. Im Jahr 2012 wurde Aung San Suu Kyi ins Parlament gewählt, 2016 wurde sie zur Regierungschefin ernannt.
Durch den Putsch hat das Militär Myanmars seine Macht aufs Neue demonstriert. Denn obwohl Myanmar im letzten Jahrzehnt demokratisiert wurde, blieb das Militär politisch einflussreich. So wird das Militär auch für die Gräueltaten an den Rohinyas verantwortlich gemacht. Gegen die Macht des Militärs habe sich die Regierungschefin Aung San Su Kyi machtlos gezeigt. Für diese Passivität wird Aung San Suu Kyi international stark kritisiert – sie habe die Gräueltaten an den Rohingyas geschehen lassen.
Ein Beitrag über die Rolle Aung San Su Kyis im Rohingya-Konflikt.
Als die Frauen auf die Männer pfiffen
Rund 5000 Frauen und Männer standen am Nachmittag des 1. März 1969 um exakt 15 Uhr auf dem Bundesplatz um dem Bundesrat und den Männern, die dem Frauenstimmrecht seit Jahrzehnten Steine in den Weg legten, ein Pfeifkonzert zu halten und ihrer Wut Ausdruck zu verleihen.
Angeführt wurde der Marsch auf Bern von der gebürtigen Toggenburgerin und Aktivistin Emilie Lieberherr, die sich bis Dato aus politischer Perspektive eher in den Hintergrund stellte.
Zum «Marsch auf Bern» aufgerufen hatte der Zürcher Stimmrechtsverein. Damals, im März 1969 war es jedoch der einzige Verein, der sich offen hinter die Kundgebung stellen mochte. Denn der Anlass war auch unter den Frauen keineswegs unbestritten. Die damals grössten nationalen Frauenvereinigungen teilten zwar das Anliegen, blieben der Veranstaltung allerdings fern. Zu gross war die Angst vor einer Retourkutsche der Männer an der Urne.
Eine Delegation des Aktionskomitees begab sich mit der Resolution ins Bundeshaus. Der Bundeskanzler nahm das Papier entgegen – was den Frauen zu wenig war.
Bei der Rückkehr auf den Bundesplatz verkündete Emilie Lieberherr: «Keiner der Bundesräte hatte den Mut, uns zu empfangen!» Das hatte nochmals ein Pfeifkonzert zur Folge. Punkt 16 Uhr erklärten die Organisatorinnen die Kundgebung für beendet.
Trotz der angeheizten Stimmung auf dem Bundesplatz ging der Marsch auf Bern als friedliche Kundgebung in die Geschichtsbücher ein. Erst später wurde bekannt, dass im Bundeshaus und auf der Bundesterrasse die ganze Zeit Polizisten mit Wasserschläuchen und Tränengas auf Abruf standen. Doch die Schlagkraft der Frauen auf dem Bundesplatz war zu gross, als dass sich die Polizei getraut hätte einzugreifen.
Und so wurde die Aktion am 1. März 1969 zu einem Meilenstein auf dem Weg zum Frauenstimmrecht, das schlussendlich vor ziemlich genau 50 Jahren angenommen wurde.

Emilie Lieberherr beim Verlesen ihrer Forderung nach einem Frauenstimmrecht auf dem Bundesplatz (Screenshot: SRF Archiv)