Heute im RaBe-Info: Wie Sonderschul-Kinder durch die Maschen des Schulsystems fallen können und wie ein einziger Filmemacher das Bild, welches Schweizer*innen von „Afrika“ haben, massgeblich mitprägte.
Berner Sonderschulstatus hebelt Schulpflicht aus
Sonderschulkinder können im Kanton Bern durch alle Maschen fallen. Trotz allgemeiner Schulpflicht sitzen sie teils monatelang zuhause.
5 Kinder mit Sonderschulstatus gehen derzeit im Kanton Bern nicht zur Schule, es seien aber auch schon bedeutend mehr gewesen, räumt Erwin Sommer, Vorsteher des Amtes für Kindergarten und Volksschule des Kantons Bern gegenüber RaBe ein.
Grund dafür ist eine Spezialregelung im Kanton Bern: Bekommt ein Kind einen Sonderschulstatus, wird es quasi ausgeschult. Trotz allgemeiner Schulpflicht ist somit nicht mehr der Staat zuständig, einen Schulplatz für das Kind zu finden, sondern die Eltern. Für die Eltern bedeutet das dreierlei: Sie müssen sich selber um die schwierige Aufgabe kümmern, einen Schulplatz zu suchen, sie haben die Kinder ganztags zuhause und müssen sich wenn möglich zudem um ihre Schulbildung kümmern.
Der Kanton Bern hat das Problem erkannt und will es mit einer Gesetzesänderung lösen. Wie in den anderen Kantonen soll es auch im Kanton Bern künftig explizit Aufgabe und Pflicht des Kantons sein, Plätze für Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu finden, betont Erwin Sommer. Gleichzeitig soll sich die Zuständigkeit für Sonderschulkinder von der Gesundheits- zur Bildungsdirektion verschieben.
Im Juni kommt die entsprechende Gesetzesvorlage in zweiter Lesung ins Kantonsparlament, anfangs 2022 soll die neue Regelung umgesetzt sein.
African Mirror – weisser Blick auf Afrika
«Tour Décolonial – Köpfe und Herzen dekolonialisieren» – unter diesem Motto findet derzeit die Tour de Lorraine statt. Passend dazu zeigt das Kino der Reitschule ab 1. Mai eine Reihe mit insgesamt sieben Filmen, die sich alle in irgendeiner Form um die Folgen von Kolonisation bzw. Dekolonisation drehen.
Zu sehen gibts auch African Mirror (2019) von Mischa Hedinger, wofür dieser Material eines anderen Filmemachers zu einer Collage zusammengeschnitten hat: Bilder, Filmausschnitte, Tonaufnahmen, Tagebucheinträge, Briefe und Zeitungsartikel von René Gardi.
1909 in Bern geboren bereiste Gardi über 30 Mal den afrikanischen Kontinenten, wobei es ihm insbesondere der Norden Kameruns angetan hatte. Gardi brachte eine Unmenge an Bildern und Filmmaterial mit nach Hause, das er in Büchern, Artikeln und Vorträgen öffentlich machte. Ab 1958 hatte er mit «Gardi erzählt» sogar eine eigne Fernsehsendung, in der er über das Leben der «scheuen Wilden» berichtete.
Also Gardi im Jahre 2000 starb, hinterliess er einen immensen Fundus. Daraus schuf Mischa Hedinger «African Mirror», eine Collage, die den idealisierenden und rassistischen weissen Blick Gardis auf den afrikanischen Kontinenten verrät. Dieser half bei seinen «dokumentarischen» Filmstudien auch öfters nach, wenn die Realität nicht seinen Vorstellungen entsprach. Dabei kommen die porträtierten Menschen selber kaum zu Wort, sie bleiben Projektionsflächen und (gerne auch nackte) Körper.
Auch wenn Gardis Inszenierungen schon in den 1950er- und 1960er-Jahren nicht mehr der Realität entsprachen, so prägten dessen Filme und Vorträge doch entscheidend das Bild mit, das Herr und Frau Schweizer damals vom Leben auf dem afrikanischen Kontinenten hatten.
Filmreihe im Kino der Reitschule
01.05.2021, Samstag, 21.00 Uhr: La battaglia di Algeri
06.05.2021, Donnerstag, 19.30 Uhr: No Apologies
06.05.2021, Donnerstag, 21.00 Uhr: Bounty
07.05.2021, Freitag, 19.30 Uhr: African Mirror
07.05.2021, Freitag, 21.30 Uhr: Ouvrir la voix
08.05.2021, Freitag, 19.30 Uhr: No Apologies
08.05.2021, Freitag, 21.00 Uhr: Bounty