Heute beleuchten wir koloniale Verstrickungen der Schweiz, besuchen den neu eröffneten Skulpturenpark Lüginbühl und fühlen der Kartoffel auf den Zahn. Den Podcast zur Sendung gibt’s hier:
«Auch die Schweiz profitiert vom Kolonialismus»
Im Gegensatz zu Frankreich, Grossbritannien oder Deutschland schickte sich die Schweiz nie an, Gebiete auf fernen Kontinenten für sich zu beanspruchen. Trotzdem profitierte sie massiv vom Kolonialismus, wie Elango Kanakasundaram von Multiwatch im Interview mit RaBe erklärt. «Die Gebrüder Volkart zum Beispiel betrieben im 19. und 20. Jahrhundert einen Handelskonzern, der Waren wie Baumwolle, Kaffee, Tee und Gewürze aus Indien und Sri Lanka importierte.» Auch Schweizer Unternehmen hätten sich also die ausbeuterischen Bedingungen im globalen Süden zu Nutze gemacht. «In dieser Zeit wurde ein enormer Reichtum aufgebaut, von welchem die Schweiz noch immer zehren kann», so Kanakasundaram und verweist auf die Gründung verschiedener Banken, welche dann wiederum der Schweiz dazu verhalfen, eine Rohstoffdrehscheibe zu werden.
Noch heute übten multinationale Konzerne mit Sitz in der Schweiz eine grosse Macht auf die Politik aus, sie profitieren zum Beispiel von einem tiefen Steuersatz auf ihren Gewinnen. Die Konzernverantwortungsinitiative ist zwar letzten Herbst am Ständemehr gescheitert, trotzdem sei sie ein Erfolg gewesen, an welchen jetzt ein neues Projekt von Multiwatch anknüpfen will. Mit einem Handbuch und einem Lehrgang will die Organisation Menschen aus der Zivilbevölkerung befähigen, selber zu den Machenschaften der Schweizer Konzerne zu recherchieren, sagt Kanakasundaram.
Der Workshop mit dem Titel «Schweizer Konzerne zur Verantwortung ziehen» findet am Samstag, 8. Mai um 10.00 Uhr im Rahmen der diesjährigen Tour de Lorraine statt. Hier geht’s zur Anmeldung.
Zwischen exotischen Pflanzen und leuchtendem Eisen
Zuckerstock auf dem Kopf, Feuer auf dem Mont Vuilly, Eisenfiguren so gross wie Krähne. Der Künstler Bernhard Luginbühl war seiner Zeit voraus, gemeinsam mit KünstlerInnen wie Jean Tinguely und Niki de Saint Phalle mischte er die Schweizer Kunstwelt auf. Seit zehn Jahren ist Bernhard Luginbühl mittlerweile tot, nun wird sein Werk wiederbelebt.
Rost und Eisen, dafür war der Künstler aus dem Emmental bekannt. „Bärni“ Luginbühl erschuf sich mit dem Skulpturenpark in Mötschwil eine visionäre Kunstoase. Eingebettet in spektakuläre Botanik präsentieren sich Werke aus seinem Schaffen. Der Bildhauer wollte, dass die Besucher*innen Gigantische Eisenplastiken bewachen das grosse Bauernhaus, früher das Zuhause der Familie Luginbühl. Kein Schöngeist, sondern ein volkstümlicher Handwerker, so wollte Bernhard Luginbühl gesehen werden. Seine Kunst sollte ein Erlebnis sein und nicht in einem Museum stehen.
Heute wird der Park von der Bernhardluginbühlstiftung unterhalten. Seit Januar dieses Jahres hat das Freilichtmuseum eine neue kulturelle Leitung. Mit der jungen Direktorin soll ein Neuauftritt gewagt werden. Wir haben Joana Schertenleib im Stiftungspark in Mötschwil getroffen und uns den Park zeigen lassen.
Die Wiedereröffnung des Freilichtmuseums findet am Sonntag 2. Mai 2021 statt.
Der Park ist jeweils am 1. Sonntag im Monat von 11 Uhr – 20 Uhr öffentlich zugänglich.
«Gummelstunggis» – oder: Woher der Kartoffelstock stammt
Es ist Freitag und somit Zeit für unsere akustische Kolumne, den Radioblog. Heute stammt dieser aus der Feder der Künstlerin und feministischen Aktivistin Mirjam Ayla Zürcher. Sie präsentiert den Text «Gummelstunggis» den sie letzte Woche im Rahmen einer Performance im Offspace «Satellit» Zürich zeigte, dabei machte die Künstlerin gleichzeitig frischen Kartoffelstock.
Die performten Textfragmente handeln von familiären und regionalen Traditionen und Gepflogenheiten rund um die Zubereitung von Kartoffeln und um die Aneignung der Knolle als Schweizer Kulturgut.