Regenbogenfahnen über dem Bahnhofplatz – seit Samstag läuft der städtische Aktionsmonat gegen Homo- und Transphobie. Rote Fahnen am 1. Mai – Die Geschichte des Arbeiter*innen-Tags. Das und mehr heute im RaBe-Info.
Bern für LGBTIQ
Seit vergangenen Samstag läuft der städtische Aktionsmonat gegen Homo- und Transphobie. Das bunt gemischte Rahmenprogramm fokussiert dabei vor allem auf die Interessen der Jugendlichen. «Junge Menschen beschäftigen sich aktiv mit Fragen rund um Geschlechteridentität und sexueller Ausrichtung», erklärt Stadtpräsident Alec von Graffenried im Interview mit RaBe. Andere Bevölkerungsschichten sollen aber längerfristig mit anderen Aktionen auch angesprochen werden.
Bern ist seit bald zwei Jahren Teil des Rainbow City Networks einem Zusammenschluss von verschiedenen Städten, die es sich auf die Fahne geschrieben haben, aktiv gegen Homo- und Transphobie vorzugehen. Innerhalb des Netzwerkes gehe es einerseits um Erfahrungsaustausch, andererseits aber auch darum, Öffentlichkeit zu schaffen. Zudem unterstütze Bern auch die Plattform Trans Welcome – laut von Graffenried heisse die Stadt Bern damit trans Menschen als Arbeitnehmende explizit willkommen.
moving day, Kampftag, Volksfest – Die vielen Gesichter des 1. Mai
Trotz Corona gehen auch 2021 in Bern, schweiz- und weltweit wieder tausende Menschen zum traditionellen revolutionären 1. Mai auf die Strasse. Warum eigentlich, woher kommt diese Tradition und wie wandelte sie sich während der vergangenen über 100 Jahre?
Die Wurzeln des 1. Mai als internationalen Protesttag liegen im fernen Australien im Jahre 1856. Nicht von ungefähr protestierte die Arbeiterschaft damals ausgerechnet an diesem Tag. In der vorindustriellen Zeit war der 1. Mai der traditionelle Wechseltermin, der so genannte „moving day“, an dem die Arbeiter*innenschaft Wohn- und Arbeitsplatz wechselte und neue Arbeitsverträge ausgehandelt wurden, sagt Urs Anderegg, Dozent für Wirtschaftsgeschichte an der Berner Fachhochschule und Autor des Buches 1. Mai in der Schweiz – vom Traum eines besseren Lebens.
Traum der australischen Arbeiterschaft damals war ein 8-Stunden-Tag während 6 Tagen pro Woche. Für viele Jahre blieb dies die Hauptforderung der internationalen Arbeiter*innenbewegung.
In der Folge eines Beschlusses des internationalen Arbeiter*innenkongresses in Paris von 1889 zum 100 Jahre Jubiläum der französischen Revolution, trug auch die Schweizer Arbeiter*innenbewegung die Forderung nach einem 8-Stunden-Tag am 1. Mai 1890 erstmals breit auf die Strasse. Zu Beginn gingen hierzulande vor allem Handwerker, Zünfte und Gewerkschaften auf die Strasse. Es waren bürgerliche Proteste, bei welchen die Berufsgruppen im Zentrum standen.
Erst um die Jahrhundertwende rückte bei den 1. Mai-Protesten die sozialistisch-kommunistische Ideologie in den Vordergrund. Auch in der Schweiz radikalisierten sich die Proteste laut Urs Anderegg im Zuge des Bekenntnisses von SP und Gewerkschaften zum Klassenkampf von 1910. Die Radikalisierung mündete im Landesstreik von 1918 welcher gleichzeitig Höhepunkt und Zäsur für die Schweizer Arbeiter*innenbewegung war. Mit der Niederlage der Arbeiterschaft verloren auch die nach aussen gerichteten Massenproteste an Kraft und gingen über in eine vermehrt nach innen gerichtete sozialistische, proletarische Festkultur.
In den 50er und 60er Jahren diente das 1.Mai-Fest vor allem der gesellschaftlichen Unterhaltung, Schwanks und Volksstücke wurden aufgeführt, laut Urs Anderegg wurde der 1.Mai in die bürgerliche Volkskultur integriert.
Als gegenkultureller Moment wiederbelebt wurde der 1. Mai in den 60 und 70er Jahren, von sozialen Bewegungen wie der Frauen-, Friedens-, und Drittweltbewegung, ebenso wie von den diversen Migrant*innengruppen im Zuge der Arbeitseinwanderung in die Schweiz.
Auch heute noch erfüllt der 1. Mai gemäss Urs Anderegg zahlreiche Funktionen und ist bedeutend mehr als bloss ein alljährliches, identitätsstiftendes Ritual. Es würden politische Themen gesetzt, er fungiere als Tribüne für die ausserparlamentarische Linke, welche sich sonst kaum als Gruppe zeigen könne, er sorge für eine Mobilisierung diverser linker Gruppierungen und sei nicht zuletzt auch ein „Klassentreffen“, um innerhalb der linken Szene alte Beziehungen zu erhalten und neue zu knüpfen.