
Nebst Annas Storys gibts weitere Infos und Bilder zu Verdingkindern in der Schweiz auf vergiss.mich.nie
Instagram ist eine schnelllebige Welt. Wird ein Bild gepostet, dann rutsch es sogleich nach unten und somit auch aus der unmittelbaren Wahrnehmung der Instagramer*innen. Was nun, wenn ein komplexes Thema auf dieser Plattform angegangen werden soll? Kann man diesem überhaupt gerecht werden in der oberflächlichen Insta-Bilderwelt?
Das sei auch ihre grösste Sorge gewesen, sagt Yvonne Haberstroh, die zusammen mit Elena Clavadetscher vergiss.mich.nie ins Leben gerufen hat. Ab dem 1. Mai haben die beiden auf diesem Instagram-Account täglich Storys und Bilder von Anna gepostet, einem fiktiven 14-jährigen Verdingmädchen. Dieses lebt im Jahr 1951 mit seiner alleinerziehenden Mutter und wird eines Tages von der Vormundschaft abgeholt und in eine Bauernfamilie verfrachtet, wo Anna (gespielt von Sarah Baumgartner) als billige Arbeitskraft missbraucht und misshandelt wird. So wie moderne Teenager das auch tun, lässt Anna die Instagram-Community täglich teilhaben an ihrem Leben – man kann ihre Verdingung also quasi in Echtzeit mitverfolgen.
Nebst Annas persönlicher Story posteten Elena Clavadetscher und Yvonne Haberstroh im Feed täglich Hintergrundinformationen zur Geschichte der Verdingung. Bis in die späten 1970er-Jahre war es in der Schweiz legal, Mädchen und Buben aus ihren Familien zu reissen und anderswo zu platzieren. Sie selber seien erschreckend spät auf dieses dunkle Kapitel Schweizer Geschichte gestossen, sagt Yvonne Haberstroh. «In der Schule waren Verdingkinder nie ein Thema. Wir sind dann bei der Recherche zu einem anderen Projekt darauf gestossen und haben beide gedacht ‘hey das kann doch nicht sein, dass wir nichts davon gewusst haben!’» Damit die Thematik auch anderen jungen Menschen ins Bewusstsein gerückt wird, haben Elena Clavadetscher und Yvonne Haberstroh im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der ZHdK dann vergiss.mich.nie ins Leben gerufen.
Die 15 Episoden à je 2 bis 5 Minuten, in denen das Verdingmädchen Anna Einblick in sein Leben gewährt, bilden ein spannendes Kurzdrama. Allerdings seien sie sich auch bewusst, dass diese Art von Geschichtsvermittlung ihre Limiten habe, sagt Yvonne Haberstroh. «Vergiss.mich.nie könnte in Schulen vielleicht dazu eingesetzt werden, um jüngere Menschen an das Thema Verdingung heranzuführen. Es ist aber extrem wichtig, dass dann noch vertieft darüber gesprochen wird. Annas Geschichte allein wird dem Ausmass des Themas nicht gerecht.»