Sechs Personen verschiedenen Alters haben ihre Gedanken zum Thema Schweigen aufs Papier gebracht. Entstanden ist ein Gedicht.
Sie schaut weg. Uni, Wochenende, Haustiere, alles schon besprochen. Mein Körper wird warm, die Nervosität steigt. Sie könnte ja auch etwas sagen. Sekunden dehnen sich wie Kaugummi. Warum sagt sie nichts? Sag was, du oder ich! Endlich, Bus hält, Kopfhörer, ciao!, Musik übertönt meine Gedanken und ich gehe schweigend die verregnete Strasse entlang.
schmatzende schuhsohlen auf nassem asphalt
verzerrte spiegelungen von wabernden lichtern in schwarzen pfützen
kühlende böen und kaltnasse tropfen auf meinem gesicht
ganz ohr
und auge
und haut
im hier, jetzt
dann wieder gefühl, gedanke
rückzug in mich, in andere zeit
im schweigen bin ich ein pendel zwischen innen und aussen
Draussen stehen Menschen Schlange. Wir rennen und versuchen allen zu helfen, wir tun unser bestes. Da ist ein Mann, in seinen Augen die Todesangst, weil ihn das Virus hat. Es verschlägt mir die Sprache. Wir sind hilflos.
Das haben wir zuerst gedacht. Doch dann brachen wir unser Schweigen und redeten. Unsere Familie half uns aus der Patsche. Schweigen ist wohl nicht immer die beste Lösung, gerade wenn uns etwas belastet. Und doch muss jeder für sich selber entscheiden, ob er schweigen will, oder nicht.
… Reden ist silber, Schweigen ist gold. In vielen Situationen in meinem Leben habe ich dieses Sprichwort schon angewendet und es war eine gute Verhaltensweise.
Jedoch stelle ich mir hin und wieder die Frage, ist schweigen wirklich gold – oder manchmal auch einfach nur feige?
Feigheit, so nennen sie die begründet glühende Furcht in unseren Augen. Die Angst, dass folgt auf die unseren Worte, so klar, so unberührt, so rein wie Tropfen des beginnenden Regens, ein Schwall so erdrückend. Und die unseren verblassen. Also lasse ich meine Seele ruhen. Und die verschwiegenen Tropfen reflektieren ein “danke”.