Heute im RaBe-Info: Hinten anstehen für Länder des globalen Südens – Impfstoff-Hersteller liefern kaum in ärmere Länder. Immobilienfirmen enteignen! – Am Wochenende sprach sich die Mehrheit der abstimmenden Berliner*innen für diese Forderung aus.
Pharmakonzerne stellen Profit über Gesundheit
Impfstoff-Hersteller wie Pfizer, BioNTech und Moderna haben massgeblich den fairen weltweiten Zugang zu lebensrettenden Impfungen behindert. Zu diesem Schluss kommt ein neuer Bericht von Amnesty International. Darin ist dokumentiert wie die Unternehmen Profite über die Gesundheit von Millionen Menschen und die wirksame internationale Bekämpfung der Pandemie gestellt haben.
Von den insgesamt 5,7 Milliarden Impfdosen, die weltweit verabreicht wurden, gingen gerade einmal 0,3 Prozent an Länder mit niedrigem Einkommen, während fast 80 Prozent an Länder mit mittlerem und hohem Einkommen gingen. «Trotz der Aufforderung, die Covax-Impfallianz zu priorisieren, die sich für eine gerechte Impfstoffverteilung einsetzt, liefern die Impfstoff-Produzenten weiterhin nur an diejenigen Staaten, die bekannterweise Vakzine horten», betont Natalie Wenger von Amnesty Schweiz. Die COVAX-Initiative sollte bis Ende 2021 mehr als zwei Milliarden Impfstoffdosen ausliefern – unabhängig vom Einkommensniveau der Länder. Anfang August waren es erst 190 Millionen.
Der Report von Amnesty International zeichnet ein düsteres Bild einer Industrie, die bei der Achtung der Menschenrechte kläglich versagt. Alle Impfstoff-Produzenten sind hinter ihren erklärten menschenrechtlichen Zielen zurückgeblieben, und in einigen Fällen klafft eine grosse Lücke zwischen Rhetorik und Realität. «Obwohl die meisten Impfstoffhersteller Milliarden von Dollar an staatlichen Geldern erhalten, haben sie das geistige Eigentum monopolisiert, den Technologietransfer blockiert und aggressive Lobbyarbeit gegen Massnahmen betrieben, die die breitere Herstellung dieser Impfstoffe ermöglichen würden», so das Fazit der Menschenrechtsorganisation.
Berlin will Immobilien-Konzerne enteignen
Die Berliner*innen haben offensichtlich die Nase voll, von Wohnungsnot, überteuerten Mieten und Immobilienspekulation. Über 56% stimmten am Sonntag für die Initiative «Deutsche Wohnen und Co. Enteignen».
Sie fordert, dass die grossen Immobilienkonzerne mit über 3000 Wohnungen in ihrem Besitz enteignet und dadurch insgesamt rund 240 000 Wohnungen vergesellschaftet werden.
Wie deutlich die Zustimmung zur Initiative ausfiel, habe selbst die Initiant*innen überrascht, betont Christoph Koth vom Unterstützungskomitee. Grund dafür sei neben der grassierenden Wohnungsnot in Berlin auch die jahrelange, starke Präsenz und die breiten Informationskampagnen in den Berliner Quartieren.
Anders als in der Schweiz sind Initiativen in Deutschland allerdings rechtlich nicht bindend. Gleichwohl ist die Politik nun dazu angehalten, einen entsprechenden Gesetzesentwurf auszuarbeiten. Hier weht den Initiant*innen indes ein scharfer Wind entgegen. Ausser «die Linke» stellt sich keine Partei hinter die Forderung. Für die Initiant*innen und die Befürwortenden bedeutet dies, dass sie den politischen Druck weiterhin aufrechterhalten müssen.
Für die Vergesellschaftung der Wohnungen rechnen die Initiant*innen mit Kosten von rund 10 Milliarden Euro, während der Berliner Senat von Kosten von über 30 Milliarden Euro ausgeht. Christoph Koth erklärt diesen Unterschied damit, dass sie von einem Finanzierungskonzept ausgehen, in dem die Immobilienfirmen über mehrere Jahrzehnte hinweg via Mieteinnahmen entschädigt werden, und rechtlich ein Kompromiss zwischen dem Allgemeinwohl und den privaten Interessen der Immobilienkonzerne gefunden werden müsste. Das letzte Wort in dieser Sache hat wohl das deutsche Verfassungsgericht.
RaBe im Gespräch mit Christoph Koth vom Initiativ-Komitee «Deutsche Wohnen und Co Enteignen»