Am 4. November 2011 findet die Polizei nach einem Banküberfall zwei Leichen in einem ausgebrannten Wohnmobil. Erst da wird klar: Zehn unaufgeklärte Morde und drei Sprengstoffanschläge gehen auf das Konto von den nun toten Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt. Zusammen mit Beate Zschäpe bildeten sie den Kern der als «Nationalsozialistischer Untergrund» bekannten rechten Terrorgruppe. In der WG des Trios wurde unter anderem auch eine Liste mit 10’000 Namen und Adressen von möglichen weiteren Zielen sichergestellt.
Der NSU konnte jahrelang unbehelligt morden, obwohl an die 40 Vertrauensleute des deutschen Nachrichtendienstes in seiner Umgebung platziert waren. Da die Täter stets die gleiche Waffe verwendeten, war schon bald klar, dass die Morde zusammenhängen. Doch Rassismus und Vorurteile prägten die Behördenarbeit: Trotz Hinweisen der Angehörigen, man möge doch im Neonazi-Milieu ermitteln, vermutete die Polizei die Täter*innen stets im Umfeld der Opfer. Die Rede war von Drogenhandel, Bandenkrieg und Türkenmafia.
Die Opfer des NSU hiessen: Enver Şimşek, Abdurrahim Özüdoğru, Süleyman Taşköprü, Habil Kılıç, Mehmet Turgut, İsmail Yaşar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubaşık, Halit Yozgat, Michèle Kiesewetter.
In unserer Rubrik Zeitsprung beleuchten wir die dunklen Machenschaften des NSU:
Eineinhalb Jahre nach der Selbstenttarnung des NSU beginnt eines der grössten Gerichtsverfahren der Nachkriegszeit in Deutschland. Neben der letzten Überlebenden des Kerntrios, Beate Zschäpe, stehen während über 400 Verhandlungstagen auch vier Unterstützer vor Gericht.
NSU-Watch ist ein bundesweites Bündnis von Antifaschist*innen, antifaschistischen Gruppen, Archiven und Einzelpersonen. Das Netzwerk hat sich gebildet um die staatliche Aufarbeitung des rechten Terrors kritisch zu begleiten, erklärt Caro Keller. «Wir haben entschieden, Untersuchungsausschüsse zu begleiten, den NSU-Prozess zu beobachten und dort mitzuschreiben und diese Protokolle der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig wollen wir unsere Analysen stark machen um Narrativen, wie dasjenige der Bundesanwaltschaft – der NSU sei kein Netzwerk, sondern ein isoliertes Trio – etwas entgegen zu setzen». Rechter Terror könne nur verhindert werden, in dem er korrekt analysiert werde, argumentiert Keller.