Die Schwächsten leiden am stärksten unter der Corona-Pandemie. Gleichzeitig sind es die verletzlichsten Gruppen der Gesellschaft, die bei den staatlichen Hilfsmassnahmen am stärksten durch die Maschen fallen.
Das zeigt die neue Studie «Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Armut und sozioökonomitsche Ungleicheit» der Berner Fachhochschule BFH.
Die Studie im Auftrag der nationalen Plattform gegen Armut beinhaltet eine Bestandesaufnahme der bisherigen Forschung zur Thematik, wie sich die Corona-Krise auf Armut und Ungleichheit in der Schweiz ausgewirkt hat.
Laut Michelle Beyeler, Dozentin für Sozialpolitik an der Berner Fachhochschule BFH müssen Menschen mit tieferen Einkommen in der Krise generell höhere Einbussen in Kauf nehmen, vor allem weil sie oft in Berufen arbeiten würden, welche durch die Kontaktbeschränkungsmassnahmen eingeschränkt waren oder noch sind.
Das gleiche Bild zeigt sich laut der Studie auch beim Rückgriff auf die Ersparnisse, bei den Bildungschancen und bei der physischen und psychischen Gesundheit. In allen Bereichen seien einkommensschwache Personen stärker von der Krise betroffen.
Am meisten überrascht hat Michelle Beyeler, dass bei Menschen mit einem tiefen, sozioökonomischen Status nicht nur ein höheres Risiko besteht an Corona zu erkranken, sondern auch, dass die Krankheit einen schwereren Verlauf nimmt oder zum Tod führt. Dies sei ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Gesundheitssystem eben nicht für alle gleich gut zugänglich sei.
Die Bestandesaufnahme identifiziert insbesondere 3 Personengruppen, welche die Corona-Krise unmittelbar und massiv getroffen hat. Bei Sex-Arbeiter*innen und Sans-Papiers haben die staatliche Finanzhilfen offensichtlich nicht oder erst sehr spät gegriffen.
Als hoch prekär erachtet die Studie auch die Situation Familien und Alleinerziehenden, welche keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen wollen. Dafür gäbe es diverse Gründe. Ins Auge springe jedoch, dass Menschen ohne Schweizer Pass vermehrt keine Sozialhilfe in Anspruch nehmen, aus Angst, ihren Aufenthaltstitel zu verlieren.
Die Studie wiederholt denn auch die Empfehlung, den Zugang zu den Sozial- und Gesundheitssystemen risikoloser zu gestalten, damit die verletzlichsten Personengruppen weniger durch die Maschen fallen.
Unklar bleibt laut der Studie, ob die Schere zwischen Arm und Reich sich nun nachhaltig stärker öffnet oder geöffnet bleibt, oder ob sie sich nach der Krise wieder etwas schliesst.
RaBe im Gespräch mit Michelle Beyeler: